Der Kuma-Wani (熊鰐) ist ein Seeungeheuerdrachen der japanischen Mythologie. Sein Name bedeutet so viel wie Bärenwani bzw. Bärenseeungeheuer.
Der Art-Status ist strittig, es könnte sich um eine Subform des Gewöhnlichen Wani handeln.
Merkmale
Es gibt nur zwei historische Erwähnungen des Kuma-Wani, beide stammen aus dem Nihonshoki (japanisch 日本書紀, dt. „Chronik Japans in einzelnen Schriften“) aus dem Jahre 720. Die erste Erwähnung beschreibt den Fischergott Ebisu, als ya-hiro no kuma-wani 八尋熊鰐 was als "8-Faden-Bärwani" übersetzt werden kann. Die Zahl 8 steht in Japan für Vollkommenheit. Der "Bär"-Anteil wird von den meisten Experten als "bärenstark" übersetzt, in diesem Fall dürfte die Wani-Qualität für das "Können im Wasser" stehen, beides wichtige Qualitäten für einen Fischer. In einer alternativen Fassung wird Ebisu die Fähigkeit zugeschrieben, sich in einen 8-Faden-Bärwani zu verwandeln (und in dieser Form sich mit einer Frau zu vereinigen), ggf. kann hier die Bedeutung Faden mit einer Größenangabe übersetzt werden. Diese Annahme wird gestützt, da die zweite Quelle von einem 9-Faden langen Boot spricht.
Auch die zweite Erwähnung des Kuma-Wani gibt keine näheren Angaben zu seiner Gestalt, nur dass er stark und/oder groß genug muss, einen Baum mit 500 Zweigen aus dem Boden zu reißen, was eine enorme Körperkraft bedeutet.
Da der Kuma-Wani nicht näher spezifiziert wurde, wird seine Gestalt aller Wahrscheinlichkeit der eines Gewöhnlichen Wani entsprechen, der wiederum nicht über diese "Bärenstärke" verfügt, weshalb man die Unterscheidung zwischen Wani und Kuma-Wani ursprünglich traf. Damit sollte der Kuma-Wani einen schlangenartigen Körper, mit vier Extremitäten besitzen. Diese sind mit Schwimmhäuten ausgestattet, welche an Flossen erinnern, der Schwanz ist ein Ruderschwanz und erlaubt kraftvolles schwimmen. Es ist anzunehmen, dass Kuma-Wani Unterwasser, wie Überwasser atmen können und die Fähigkeit des Gestaltwandels besitzen. Bestätigt ist, dass sie in der Lage sind, die menschliche Sprache zu sprechen.
Während die meisten Experten die Bezeichnung Kuma-Wani auf Kuma = Bär für Bärenstark beziehen, könnte die Bezeichnung Kuma-Wani nicht nur die Bärenstärke bedeuten, sondern auch dem Kuma-Wani anstatt eines Schuppenkleides ein Fellkleid bedeuten.
Vorkommen
In den Meeren um die japanischen Inseln.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist nicht viel bekannt.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Kuma-Wani der Vorfahre der Agata-nushi von Oka
Im Jahr 193 n. Chr. fand die Kaiserin Jingū im Meer eine Nyoi-Perle (vermutlich eine Perle, welche ihr Kontrolle über die Gezeiten gab). Sechs Jahre später trafen die kaiserlichen Schiffe auf inen Kuma-Wani mit einem riesigen Tamagushi (玉串, wörtlich "Juwelenspieß") ist eine Form der shintoistischen Opfergabe, die aus einem Sakaki-Baumzweig besteht, der mit dünnen Streifen aus Washi-Papier, Seide oder Baumwolle verziert ist.).
Es geschah als der Kaiser nach Tsukushi ging. Als der Kuma-Wani, der Vorfahre der Agata-nushi von Oka (Leiter einer historischen Verwaltungseinheit), von der Ankunft des Kaisers hörte, riss er einen 500-zweigigen Sakaki-Baum (auch Sperrstrauch (Cleyera japonica) genannt) aus, den er am Bug eines neun Faden langen Schiffes aufstellte. An den oberen Zweigen hängte er einen Spiegel aus weißem Kupfer, an den mittleren Zweigen ein Schwert mit zehn Spannweiten und an den unteren Zweigen Yasaka-Juwelen. Mit diesem Tamagushi reißte der Kuma-Wani zur Bucht von Saha in Suw, wo er dem Kaiser begegnete. Er schenkte dem Herrscher einen Fisch- und Salzplatz und sprach folgende Worte: "Die Große Fähre von Anato nach Mukatsuno sei des Kaisers Osttor und die Große Fähre von Nagoya des Kaisers Westtor. Die Inseln Motori und Abe und keine anderen seien die erhabenen Körbe des Kaisers: Lass die Insel Shiba geteilt werden und zu erhabenen Pfannen machen: Lass das Meer von Sakami der Salzort des Kaisers sein. Anscheinenden fungierte der Kuma-Wani als der Fremdenführer für den Kaiser in dieser Region. Der Kaiser umrundete das Kap Yamaga und gelangte, dank der Hilfe des Kuma-Wani, in die Bucht von Oka. Als das Schiff jedoch in den Hafen einlief, konnte es nicht weiterfahren. Der Kaiser erkundigte sich beim Kuma-Wani, warum das Schiff nicht mehr fahren konnte: "Wir haben gehört, dass du, Kuma-Wani, mit ehrlichem Herzen zu uns gekommen bist. Warum fährt das Schiff nicht weiter?"
Der Kuma-Wani entgegente: "Es ist nicht die Schuld eures erhabenen Dieners, dass das erhabene Schiff nicht vorankommen kann. Am Eingang dieser Bucht stehen zwei Gottheiten, eine männliche und eine weibliche. Die männliche Gottheit wird gerufen Oho-kura-nushi, die weibliche Gottheit wird Tsubura-hime genannt. Es muss dem Wunsch dieser Gottheiten geschuldet sein, dass Ihr nicht weiterfahren könnt."
Der Kaiser betete daraufhin zu den Gottheiten und ließ ihnen opfern, indem er seinen Steuermann Iga-hiko, einen Mann aus Uda in der Provinz Yamato, zum Priester ernannte. So konnte das Schiff weiterfahren.
Die Kaiserin bereiste später das Kuki-Meer mit einem anderen Schiff. Da Ebbe war, konnte sie nicht weiterfahren. Der Kuma-Wani kehrte zu dieser Zeit von seiner Reise mit dem Kaiser in seine Heimat zurück und bemerkte die Kaiserin und ihr wachsender Unmut wegen der Ebbe. In Furcht vor dem Temperament der Kaiserin baute der Kuma-Wani in aller Eile einen Fischteich und einen Vogelteich, in denen er alle Fische und Vögel sammelte. Als die Kaiserin diese Fische und Vögel spielen sah, wurde ihr Zorn allmählich besänftigt und mit der Flut ankerte sie sofort im Hafen von Oka.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Nimmt man, dass der Kuma-Wani mit seinem Bärencharakter nicht nur die Bärenstärke, sondern auch ein Bärenfell besitzt, könnte es sich um einen Seebären oder eine andere Robbenart handeln.
Taxonomische Stellung
Der Art-Status des Kuma-Wani ist aufgrund geringer Quellen und detaillierter Beschreibungen zweifelhaft und er könnte eine Subspezies des Gewöhnlichen Wani darstellen. Da aber zwischen Wani und Kuma-Wani differenziert wurde und es geringe Indizen gibt, dass es sich um zwei verschiedene Wesen handeln könnte, betrachtet diese Taxonomie den Kuma-Wani als den nächsten Verwandten des Wani, was den Kuma-Wani zu einem Vertreter der Östlichen Drachen macht.
Nachweise
- Aston, William George (1905). Shinto: (the Way of the Gods). Longmans, Green, and Co. S. 1, 61 - 62, 156, 219 - 220 ISBN 9780524006801.
- de Visser, Marinus Willern (2008) [1913]. The Dragon in China and Japan. Introduction by Loren Coleman. Amsterdam - New York City: J. Müller - Cosimo Classics (reprint). S. 140 ISBN 9781605204093.
- Toneri-shinnō (720), 日本書紀 (Nihonshoki)