Tief atmete er ein und aus, als wieder die schlechten Gedanken in ihm hochkrochen und sich an seiner Kleidung festhielten, um ihn nach unten zu ziehen in die tiefe Leere seines Herzens, seines eigenen Daseins. Sicher gab es hie und da gute Dinge, doch die Fetzen an Erinnerung, die ihn immer wieder heimsuchten, machten es ihm an vielen Tagen schwer, zu atmen, sich allem zu stellen, was in seinem Kopf sowie seinem Bauch tobte. Nicht mehr in dem Organ, das Blut durch seine Adern pumpte. Es hatte sich nach unten verlagert, sein Zwerchfell verkrampfte sich, als würde es unbedingt wollen, dass er zu Boden sank. Das Gesicht, welches immer wieder vor seinem inneren Auge auftauchte machte ihm Angst, verunsicherte aber noch mehr als das. Dieses Bild von den Kindern, die schrieen, von der Mutter, deren Gesicht nur noch aus einer Masse an Fleisch bestand, vollkommen unidentifizierbar. Seine Kollegen, die um ihn herumgestanden waren, als wüsste er, was zu tun war. Die Schreie der anderen Bewohner. Wie konnten andere sowas vergessen? Nicht einmal die Medikamente halfen ihm dabei, die Erinnerungen zu verdauen. Viele Schüsse, die gefallen waren, die Menschen zu Boden warfen und sie ausbluten ließen. Obwohl er schon seit vielen Wochen wieder in Amerika war, sich in Sicherheit wiegen konnte, dachte er immer noch, ihn würde zu jeder Zeit eine Kugel treffen. Jemand würde hinter einem Gebäude hervorhüpfen, auf ihn zielen wie damals. Und wieder würde sich jemand vor ihn werfen, den Schuss abfangen. Er wusste nicht, warum sie es damals getan hatte. Vermutlich dachte sie, er würde ihre Kinder besser beschützen können, als sie. Nunja, sie hatten überlebt. Aber den Preis, den alle Beteiligten dafür zahlen mussten, den würden sie für den Rest ihres Lebens mit ihnen tragen. Das reine Gewissen, die Unschuld war an diesem Tag in einem Maß verloren gegangen, dass man sie nie wieder gutmachen konnte. Doch in seinem Kopf blieb nur das Bild von der Frau ohne Gesicht.