Meine Stimme versagte beinahe, als ich mich über das Geländer beugte und heiser noch einmal schrie. Doch es passierte nichts. Keine Antwort, einfach nichts. Was erwartete ich auch? Dass sie einfach antwortete? Aus den Fluten etwas zu mir hinaufschrie? Dass es ihr gut ging und sie gleich wieder um den Felsen herumschwimmen und zu mir hinauf kommen wollte? Ja, das irgendwie schon. An manchen Tagen dachte ich sogar, ihre Stimme hören zu können, wie sie mich leise neckte, weil ich mir immer so viele Gedanken um alles machte. Und vor allem natürlich um sie machte. Doch auch, wenn ich es erwartete, es würde nicht passieren. Sie antwortete mir nicht und das würde sie auch niemals tun. Immerhin war sie tot. Nicht erst seit gestern, nein, schon seit einigen Wochen war sie nicht mehr unter uns. Und noch immer dachte ich manchmal, ihre wundervolle Stimme hören zu können, wie sie mir wieder Sachen zuflüsterte, wie sie es als kleines Kind immer getan hatte. Dass sie auf mich zukam um mir eine Muschel zu zeigen, die sie gefunden hatte. Dann fragte ich mich, wo ich dieses Kind verloren hatte. Es war nicht erst, als sie den Tod gewählt hatte. Nicht er hier auf dieser Klippe hatte ich sie verloren, nein. Das unbeschwerte Kind, welches immer gelacht und ihrem Vater und mir so viel Freude bereitet hatte, das musste schon vor Jahren gegangen sein. Es war tot, lag schon begraben, bevor wir den Eichensarg hinabgelassen hatten. Sie war es gewesen, die ein Grab für ihre eigene Seele ausgehoben hatte, um sie dort einzubetten, wo sie ihrer Meinung nach am besten lag. Noch immer konnte ich es nicht glauben, dass ich nie wieder aufstehen und ihr fröhliches Singen durch das Haus schallen hören würde. Doch es war so. Mein Baby war weg und ich stand noch immer fast jeden Abend hier oben und schrie mir die Seele aus dem Leib. Ob es nun ihr Name war oder Ausrufe der Verzweiflung, ich konnte langsam nicht mehr sprechen. Meine kleine Seraphine, ich vermisste sie. Und alle hielten mich nur für verrückt.