Wieder erschien ein Name auf der Liste, den er dort nicht sehen wollte. Und wieder musste er sich eingestehen, dass er jeden neuen Namen hasste. Wie auch immer seine Kollegen dazu kamen, kein Problem mit ihrer Aufgabe zu haben, er schien sich immer gegen alles wehren zu müssen. Die anderen fanden es mühsam, sich um ihn zu kümmern. Doch er wusste, würde er weitermachen müssen, wäre es vorbei mit ihm.
"Du weißt, dass du auch einfach aufhören kannst?", hatten sie ihm gesagt. Aber nein. Wozu denn ganze sechs Jahre studieren, nur um dann am Ende doch nichts davon zu haben. Selbst seine Eltern hatten ihm angeboten, dass er es gerne aufhören konnte. Sie wollten ihn nicht so traurig und unerfüllt sehen. Doch im Grunde hatte auch er nur einen Job, dem er nachgehen musste.
"Jonas Müller?", rief er den jungen Mann auf, der neu in seine Klasse gekommen war. Alleine was für ein Aufwand es gewesen war, allen Lehrern die neuen Klassenlisten auszuteilen und für den Jungen die geeigneten Fächer zu finden. Er war schon zum zweiten Mal durchgefallen, also konnte man seine Schulkarriere generell als nicht besonders positiv verlaufend einstufen.
"Hier!" Einer der hinteren meldete sich. Die schlimmen saßen immer ganz hinten. Manche Lehrer machten sich einen Spaß daraus und setzten sie nach ganz vorne, nur damit sie dann über die Klasse hinweg miteinander Zettel schmissen und sich laut unterhielten. Er hatte darauf keine Lust, deshalb ließ er sie im hinteren Teil einfach das machen, was sie wollten. Im Austausch dazu hielten sie ihn nicht für den größten Idioten, den es jemals gegeben hatte.
"Gut, schön, dass du da bist, ich hoffe alle sind ganz nett zu dir und niemand ärgert dich!", murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart hinein. In seiner Teetasse hatte er schon lange Glühwein, es war ja auch fast Weihnachten.
"Wollen Sie mit uns nicht die Hausaufgaben verbessern?", fragte die Schülerin in der ersten Reihe, die immer diese hässliche Brille trug, für welche man sie früher noch offen verprügelt hätte.
"Hattet ihr denn welche auf?", gab er ihr und sich noch eine Chance, das ganze abzuwenden.
"Ja, wir mussten die Seite 38 im Arbeitsheft fertigstellen!", sagte sie mit hoch erhobener Nase. Würde sie in zwei Monaten ihren Abschluss haben, er versprach sich, ihr selbst die Nase zu brechen.
"Aber ich glaube, die haben alle anderen schon in der Schule fertig gemacht. Oder?", fragte er in die Klasse hinein. Die Stimmen sagten ihm eindeutig, dass er damit recht hatte. Also legte er die Lösungen unter die Dokumentenkamera und ließ diese von den Schülern abschreiben. Heute Nachmittag würde er vielleicht die süße neue Sportreferendarin auf einen Kaffee einladen. Dann hatte die Schule vielleicht doch etwas Gutes.