Lange konnte er dabei zusehen, wie die Klinge immer wieder in das Holz fuhr, dann musste er nach dem Griff des Messers greifen und es seiner besten Freundin aus der Hand nehmen. Sie war wütend, das verstand er auch, doch sie musste sich deshalb jetzt auch nicht jeden Finger absäbeln. Obwohl sie bisher ja auch nur zwei kleine Wunden hatte, die ein bisschen bluteten. Aber sollte es schlimm ausgehen, wollte er wenigstens gesagt haben, dass sie es lassen sollte, nicht, dass er am Ende wieder Schuld daran war, dass sie sich wehtat, wie sonst immer.
„Lass das! Das ist meines, wenn du das auch machen willst, musst du dir selber eins besorgen!“, schimpfte sie und griff nach seinem Handgelenk, doch er konnte seine Hand schnell genug wegziehen, sodass das Messer außerhalb ihrer Reichweite war.
„Nein, ist es jetzt nicht mehr. Jetzt ist es meins und ich hab es dir nur genommen, damit du dir nicht noch mehr wegen diesem blöden Wichser wehtust!“, antwortete er und klappte das Taschenmesser zusammen. Schnell ließ er es in seiner Hosentasche verschwinden, aus welcher sie es ihm nicht so schnell wieder herausholen konnte.
„Du bist doch genauso Schuld wie ich und er, dass er mir wehgetan hat! Überhaupt, die ganzen Jahre! Du hättest mir sagen müssen, dass alles umsonst war! Warum hast du mich nicht davon abgehalten, so dumm zu sein? Warum hast du mir nie gesagt, dass das nichts werden wird?“, stellte sie ihm verzweifelt viele Fragen, die er nicht beantworten konnte. Konnte oder wollte. Eher zweiteres. Er wollte ihr nicht sagen, dass er es ihr nie gesagt hatte, weil er nur das Beste für sie wollte. Er wollte, dass sie glücklich wurde und er wollte dem allen nicht im Weg stehen. Vor allem nicht, weil er selbst schon seit Jahren in diese wundervolle Frau verliebt war, die nichts von ihm wollte. Wenn er es ihr gesagt hätte, dann wäre er nicht besser gewesen als all die anderen Freunde.
„Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich dich hätte beschützen müssen, aber ich konnte nicht!“, wollte er sich rechtfertigen.
„Passt schon. Wenigstens habe ich nie mit diesem Wichser geschlafen!“, murmelte sie vor sich hin. Vorsichtig legte er die Arme um sie, drückte sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. Mehr konnte er jetzt auch nicht tun.