Fern der sichtbaren Welt gibt es eine Stadt. Sie ist die Stadt der Verbannten, die Stadt der vielen Gesichter. Das Zentrum der Stadt bildet der Platz der tausend Tore, Tore in andere Welten, andere Dimensionen. Der Platz liegt direkt in einer Konvergenz, das Zusammentreffen aller tausend Welten. Die Tore können von jedem durchschritten werden, jeder, der ihr Geheimnis kennt, kann in ferne Welten und Dimensionen reisen. Doch es gibt keine Tore, die zurückführen. Die Rückkehr ist Auserwählten vorbehalten, die die Grenzen der Dimensionen alleine durch die Kraft ihrer Gedanken überwinden können. Diese Begabten sind ausgesprochen selten. Sie sind die Wächter der Welten, sie halten sie im Gleichgewicht. Und ich bin einer von ihnen. Oder war es zumindest.
Als die Katastrophe geschah, befand ich mich auf der Reise durch die Schattenwelt, das Verbindungsstück zwischen allen Welten. Dort herrscht ewige Dämmerung, ständiger Nebel. Wenn man dort verloren geht, findet man niemals den Weg zurück. Am Anfang habe ich mich immer gefürchtet, aber mit der Zeit lernte ich den Weg auch blind zu finden. Doch als ich eines Tages auf der Rückreise war, konnte ich das Tor nicht finden. Es war einfach fort.
Den Weg zurück zu dem Ort, von dem ich gekommen war, war mir auch versperrt, ich konnte meinen Weg zurück nicht finden.
Ich erfuhr erst sehr viel später von der Katastrophe, die sich in der Stadt der vielen Gesichter ereignet hatte. Die Konvergenz war zusammengebrochen, ohne Vorzeichen, ohne irgendwelche Warnungen. Sie war einfach in sich zusammengefallen und hatte die gesamte Stadt und all ihre Bewohner mit sich in den Abgrund gerissen. Alle Tore waren verschlossen, es gab kein Weg zurück – wohin auch? Es war nichts mehr übrig, nur Asche und Staub.
Verloren zwischen den Welten trieb ich umher. Wandte mich mal hierhin, mal dorthin, während mich das Nichts um mich herum langsam wahnsinnig machte. Alles war gleich, kein Ausweg in Sicht, nur verlorene Weite. Ich war verloren.
Irgendwann wehte der Wind eine Stimme zu mir, erst war sie weit entfernt, nur langsam schälte sie sich deutlich aus dem Echo des Nichts heraus. Es war seine Stimme. Die Stimme des einzigen Menschen, der mir etwas bedeutete. Ich war immer alleine gewesen – bis er kam und mich fand, als ich verloren gewesen war. So wie jetzt.
Ich war verloren und wieder hatte er mich gefunden.
Er war ein Weltenwechsler so wie ich, wir waren oft zusammen gereist. Mit ihm hatte ich keine Angst. Und auch jetzt verschwand sie, sobald ich in seine Augen sah. Es war, als wären wir magisch verbunden.
Ich sah ihm an, dass auch er keinen Weg hier rausgefunden hatte. Auch er war hier gefangen, ohne einen Weg hinaus in die reale Welt. Aber das war ohne Bedeutung.
Vielleicht waren wir beide verloren, aber wir waren zusammen verloren. Zwischen den Welten.