Für mich war sein Aussehen anfangs genauso seltsam wie sein Verhalten – obwohl beides für sein Volk absolut normal war. Für uns Menschen erschienen ihre Sitten jedoch fremdartig. Nichts ging ihnen im Leben über die Ehre und den Kampf, ihr Lebenszweck war ein ehrenvoller Tod, die Pflicht stand noch vor der Familie. Gefangen in einem starren Korsett von Regeln und Traditionen fiel es ihnen schwer, über Emotionen zu sprechen. Wut und Zorn konnten sie gut ausdrücken, Kampfeslust. Aber Angst gab es bei ihnen nicht, durfte es nicht geben.
Zu Anfang wusste ich nicht damit umzugehen, dachte, er hätte vielleicht keine Gefühle. Aber dann beobachtete ich, wie er mit einem jüngeren Kadetten über seine Prüfungsangst sprach – steif und laut, so wie immer, aber er sprach über Angst.
Je mehr ich von ihm kennenlernte, desto mehr begriff ich, dass sein Volk sich eigentlich nur total hart gibt und auch wenn sie es sind, haben sie trotzdem ein weiches Herz, das sie einfach nicht zeigen können. Er war zurückgezogen und feindselig, weil es ihm schwerfiel, diesen Zwiespalt auszudrücken.
Immer mehr lernte ich über dieses Volk, das die Liebespoesie zur höchsten Blüte gebracht hatte, weil sie leidenschaftlich waren. Dass Sterben eine Erfahrung war, die man auf besondere Weise miteinander teilte.
Sie waren minimalistisch. Selbst ihre Sprache war anders als unsere, sie redeten anders, nicht nur weil es fremde Laute und Wörter waren, sondern auch weil sie die menschliche Art, viel zu reden, aber wenig zu sagen, nicht mochten.
Und sie ergeben sich niemals. Weil man nicht siegen kann, wenn man nichts zu verlieren hat, es nichts zu opfern gibt. Ihre Sichtweise ist mir fremd – und doch auf eine Art faszinierend.
Er war so anders, so fremdartig, so interessant. Es passierte einfach, als wir alleine auf einer Außenmission waren, dass wir uns näherkamen. Aber schon bald machte er einen Rückzieher. Ich war verletzt. Vielleicht waren unsere Sitten und Gebräuche doch zu verschieden, um miteinander zu harmonieren.
Und doch zeigte sich, wie besorgt er war, als ich mich bei der Stellung eines Gauners verletzte und er die eigentlich nur kleine Wunde versorgte.
Wir versuchten es miteinander. Gerieten ständig aneinander, weil wir so unterschiedlich waren, aber gaben immer unser Bestes und kämpften. Aber es war nicht genug.
Denn vor allem ist er stur. Er war bereit, mich gehen zu lassen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen.