Die Zeit ist ein seltsames Gut. In einem Moment bist du noch jung, voller Neugier und in ständiger Erwartung des nächsten Abenteuers. Und im nächsten Augenblick blickt dich ein faltiges Gesicht, umrahmt von grauen Haaren, aus dem Spiegel an. Und dann begegnet man plötzlich einem Gesicht aus einem anderen Leben und alle Erinnerungen an alte Zeiten tauchen aus dem Gedächtnis auf. Erinnerungen voller Freude und Schmerz, voller Glück und Leid. Gleichgültig, wie viele lange Jahre vergangen sind, plötzlich ist alles wieder da, scheinbar vergessene Details sind einfach wieder da nur durch den richtigen Menschen zu einer unerwarteten Zeit.
Ich hatte geglaubt, dich verloren zu haben. Schon vor langer Zeit. Ich stand vor deinem Grab auf einem der endlosen Friedhöfe, ein kaltes Zeugnis der Kriege, die kein Ende finden. Und dann warst du plötzlich da, wie aus dem Nichts.
Ich weiß nicht, ob du real warst oder nicht. Du warst nur einen Moment da. Doch du hast mich an alles erinnert, was ich vergessen geglaubt hatte.
Vor allem erinnerte ich mich an unsere letzte Nacht. Ich erinnerte mich an das Gefühl deiner Arme, die du um mich geschlungen hattest, als wir unter der dünnen Decke auf dem harten Boden lagen und hinauf in die Sterne schauten. Ich erinnerte mich, wie wir uns gewünscht hatten, ebenfalls Sterne zu bekommen. Seite an Seite. Bis in alle Ewigkeit. Wir haben uns vorgestellt, wie wir in diesem Augenblick sterben. Arm in Arm. Bis in alle Ewigkeit. Zwei Körper, die langsam zu Staub zerfallen und in Vergessenheit geraten.
In dieser Nacht gab es kein Gestern und kein Morgen. Es gab keine Zeiten, sie waren ohne jede Bedeutung. Wir waren überall und nirgendwo, an keinem bestimmten Ort, nur zusammen. Wir waren alleine in der Weite in jener letzten Nacht, bevor wir für die Ewigkeit getrennt wurden.
Denn der Tod ist erbarmungslos. Er holte uns zu sich und ließ nichts zurück.