Seine Hand ist nur Millimeter von meiner entfernt. Sie haben uns aneinandergebunden, sie versuchen mich zu brechen, denn die kleinste Berührung von ihm bedeutet unendliche Qual. Endlosen Schmerz. Tod. Sie wollen, dass ich nachgebe, dass ich ihnen diene – so wie er es tut. Aber ich habe mich geweigert. Niemand wird mir meine Freiheit nehmen. Und egal, wie sehr er bereits von ihnen eingenommen wurde, er versucht mich zu beschützen.
Er sorgt dafür, dass seine Haut nicht die meine berührt. Er sorgt dafür, dass immer ein paar Millimeter zwischen seiner und meiner Hand sind, obwohl unsere Hände aneinandergefesselt sind. Er sagt kein Wort und doch beschützt er mich vor den Schmerzen seiner Berührung. Er ist mir so nahe, dass ich seine Wärme durch meine Kleidung hindurch spüren kann. Eine Energie liegt in den wenigen Millimetern zwischen uns, überwindet die Distanz, die er so krampfhaft zwischen uns einhält.
Schon als ich ihn das erste Mal gesehen habe, konnte ich diese Energie spüren. Gutaussehend mit leuchtenden Augen, verschlossen, aber nett.
Er ist ein Geist. Wie das Ehepaar, das mich hierhergebracht hat. Und so nett sie auch sein mögen, sie versuchen mir meine Freiheit zu nehmen und ich weigere mich, dies hinzunehmen. Ich bin stur und entschlossen, gegen sie anzukämpfen, selbst wenn es nicht die klügste Wahl ist. Wenn es doch sinnvoller wäre, einfach zu gehorchen, denn sie haben mir nie etwas getan, sind immer gut und freundlich zu mir gewesen.
„Warum gibst du nicht einfach nach?“ Seine Stimme ist nur ein Hauch, schwebt durch den kleinen Raum zwischen uns. Ich weiß nicht, ob seine Berührung wirklich Schmerz bedeutet. So sagen es alle, so sagt er es und doch kann ich es nicht glauben. Die Anziehung zwischen uns ist überwältigend, ich will ihn berühren, will mich davon überzeugen, dass es wahr ist.
„Weil Freiheit das größte Gut ist“, antworte ich. Und berühre seine Hand.
Ohne Freiheit ist der Menschen Leben nicht der Rede wert. (Johann Heinrich Pestalozzi)