Schon von weitem sah er sie auf dem Geländer der Brücke stehen und in die Tiefe schauen. Er hielt im Laufen inne und schaute zu ihr hinüber, unsicher, was er tun sollte. Er schaute sich um, doch niemand sonst war zu sehen. Das dämmrige Morgenlicht hüllte die Welt in Zwielicht, niemand war so früh bereits auf den Beinen.
Mit langsamen Schritten trat er näher zu ihr. Sie schien ihn nicht zu bemerken, war versunken in ihrer eigenen Welt, in das Nichts unter ihren Füßen. Er vertraute auf sein Gefühl, wortlos kletterte er neben ihr auf das Geländer, schaute ebenso wie sie in die Tiefe.
Diese endlose Weite, die sich unter ihm auftat, hatte etwas Sehnsüchtiges, Verlockendes. Ein Schritt und er wäre frei. Könnte durch die Luft schweben, wie die Blätter eines nahen Baumes, die auf unsichtbaren Böen durch die Luft segelten. Es war seltsam, wie nahe er dem Tod war und wie unglaublich lebendig er sich in diesem Moment fühlte.
Sein Blick glitt zur Seite und traf auf ihren. Ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel und er verstand, wieso sie hierherkam, wieso sie auf die Brücke stieg und in die Tiefe schaute.
Sie wollte das Leben fühlen.