Der Tod
Der Tod ist seltsam. Er fühlt sich an wie das Leben, aber es ist kälter und leerer. Ich weiß nicht, wie lange ich schon auf diese Weise lebe. Ob ich überhaupt noch als lebendig bezeichnet werden kann. Manchmal fühle ich mich lebendiger als jemals in meinem richtigen Leben. Manchmal fühle ich den Tod nach mir greifen, fühle mich, als würde ich schwinden.
Ich erinnere mich kaum noch an mein Leben. Dafür erinnere ich mich an meinen Tod. Und den meiner Geschwister. Meines großen Bruders. Meines kleinen Bruders. Meiner kleinen Schwester. Wir sind immer zusammen zum Tanzen gegangen und unser Leben schien perfekt, bevor es einfach wie aus heiterem Himmel über uns hereinbrach. Ich weiß noch, wie ich mich in einer Ecke verkrochen habe und gehofft habe zu überleben.
Der Schuss traf mich mitten ins Herz.
Sterben fühlte sich seltsam an. Noch seltsamer als der Tod. Es fühlte sich nach Schmerz an, dann nach nichts. Als wäre nichts geschehen. Und doch hat sich alles verändert.
Ich weiß noch, wie ich dachte, dass meine Geschichte so nicht enden kann. Dass ich überleben werde, weil es meine Geschichte ist und sie nicht zu Ende sein kann, doch dann war sie es plötzlich.
Vielleicht ist es gut so. Ich habe nur meinen Bruder sterben sehen, meine anderen Geschwister nicht mehr, obwohl ich weiß, dass auch meine Schwester nicht mehr am Leben ist.
Als Geist blieb ich bei meiner leidenden Familie, vor allem bei meinem Bruder, den ich mit meiner ruhigen Art, die so ganz anders als mein vorheriger Frohsinn war, der mich verlassen hat, als ich in die andere Welt hinüberging, unterstütze. Er kommt nicht gut mit unserer Familie klar.
Und dann tauchte der untergetauchte Mörder wieder auf. Seine Angst war deutlich zu spüren. Er wollte das alles nicht, wollte uns nicht unser Leben nehmen. Doch genau das hatte er getan und es ließ sich nicht ändern. Dann begann er meinen Bruder zu verfolgen und ich versuchte, mit ihm in Kontakt zu treten, ihn aufzuhalten, um meinen Bruder zu schützen.
Ich wollte meinen Bruder trösten, ihn berühren, wollte es so sehr, doch es ging nicht. Und er konnte niemandem von mir erzählen oder man hätte ihn für verrückt gehalten. Er ging fort, ich sagte ihm, dass er gehen solle und half ihm. Doch folgen konnte ich ihm nicht, während er Jagd auf den Mörder machte. Ich konnte nur beten, dass er am Leben bleiben würde.
Ich erinnere mich an mein Erwachen nach dem Tod. Wie ich im Grab lag und genau wusste, dass ich tot war, weil ich einfach so hinausschlüpfen konnte.