Benjamin trat nun neben seine Schwester.
„Ihr seid so erwachsen geworden!“ fuhr die Windfrau fort. „Ich sah euch kommen und dachte mir, ich begrüsse euch gleich mal.“
Malek trat nun ebenfalls neben die Geschwister und sprach: „Wir sind hier, weil wir deine Hilfe brauchen, Mutter der vier Winde.“
„Das weiss ich,“ lächelte die Dame. „Nun ist also die Zeit gekommen, da das Omniversum einen Wandel erfährt…“
Sie blickte nun auf die beiden jüngeren Bursche, die scheu im Hintergrund standen. Ihre hellblauen Augen leuchteten auf. „Wie ich sehe, habt ihr nochmals zwei besondere, junge Menschen, mitgebracht. Auch sie werden bald wichtige Aufgaben im grossen Wandel übernehmen.“
Manuel und Micha blickten die Alte Windfrau gespannt an und traten vorsichtig etwas näher. Die Mutter der vier Winde lachte ein klares, amüsiertes Lachen. „Nur nicht so scheu ihr beiden! Ihr müsst eure Lichter wahrlich nicht unter den Scheffel stellen!“ „Das… tun wir eigentlich gar nicht,“ meinte Micha etwas unsicher.
„Oh doch, das tut ihr! Ihr wisst ja auch nicht, wie wichtig ihr noch für das Omniversum sein werdet.“ Sie legte Micha die Hand auf die Schulter und der 16- jährige fühlte wie die liebende, von Weisheit erfüllte Kraft dieses hohen Geistes, ihn wie Wellen durchströmte.
Die Windfrau wandte sich an Malek und sprach ernst: „Du solltest diesen Jungen wirklich in die Lehre nehmen!“ Der Magier zuckte leicht zusammen und wollte den Mund öffnen, um etwas zu erwidern doch die Alte Windfrau sprach: „Papperlapapp! Du darfst nicht so an dir zweifeln! Lass nicht zu, dass deine Vergangenheit deine Zukunft bestimmt! Du bist der beste Lehrmeister für Micha, nichts weniger haben er und auch du verdient!“
Was sollte Malek dazu noch sagen? So nickte er ergeben und sprach: „Also gut!“
„Du nimmst mich wirklich in die Lehre!“ rief Micha begeistert und strahlte über das ganze Gesicht.
„Ja, es bleibt mir wohl nichts anderes übrig,“ meinte Malek mit gespieltem Ärger. „Das ist ja wunderbar!“ freute sich Pia und klopfte Micha auf die Schulter.
„Kannst du uns noch mehr über unsere zukünftigen Aufgaben offenbaren, liebe Windfrau?“ wollte Manuel wissen.
„Leider kann ich dir nicht mehr darüber sagen, als dass du einen überaus wertvollen Beitrag, für die Zukunft des Omniversums, leisten wirst. Im Laufe der Zeit, wird dir deine Aufgabe mehr und mehr offenbart werden und du wirst deine einstmaligen Kräfte wiedererlangen. Du wirst dich noch vielen Herausforderungen stellen müssen. Jeden Moment schreibst du deine Schicksal selbst, jeder Moment entscheidet darüber, ob du scheiterst oder siegreich sein wirst. Doch ich glaube daran, dass du alles was dich erwartet, meistern wirst. Denn in dir schlummert das heilige Erbe des grossen Ululala.“
„Du weisst, dass ich einst Ululala war?“ fragte Manuel erstaunt. „Aber wie…?“
„Der Wind weht überall und trägt mir solche Botschaften zu mein Junge!“
„Er war einst tatsächlich Ululala?“ rief Micha aus. „Na, jetzt wundert mich nichts mehr! Du bist ja eine richtig grosse Nummer Manuel!“
Manuel senkte verlegen den Blick und sprach: „Ich bin jedenfalls wieder hier und das muss ja seinen Grund haben.“
Die alte Windfrau nickte zustimmend und wandte sich dann wieder an die Geschwister und Malek. „Ihr seid jedoch wegen etwas anderem hier, habe ich recht?“
Benjamin erwiderte: „Ja, eigentlich sind wir hier, weil wir dich noch einmal um die Gewänder der Klarheit bitten wollten. Wie du sicher bereits weisst, sucht eine schreckliche Seuche die Welten zur Zeit heim. Viele sind ihr schon zum Opfer gefallen, darunter auch Ismala die Königin des Juwelenreiches und Hungoloz der Waldelf, welcher zusammen mit Lumniuz, dem Erdgnom, die Nachfolge Ululalas, im Kristallreich, angetreten hat. Aurelia die Kristallfrau sagte uns, dass wir, um die Seuche zu heilen, eine besondere Blume haben müssen. Eine Blume, die aber nur im Reich des Feuers wächst. Um dort jedoch überleben zu können, brauchen wir einen besonderen Schutz.“
Die Windfrau musterte die drei Freunde eine Weile mit ernstem Schweigen, dann fragte sie: „Seid ihr denn weiterhin würdig, diese Gewänder zu tragen?“
Die Angesprochenen schauten die Mutter der vier Winde, etwas erschrocken an. Was sollte diese seltsame Frage? Hatten sie sich nicht bereits würdig genug erwiesen oder konnte es womöglich sein, dass ihnen die Windfrau doch übelnahm, dass sie so lange untätig gewesen waren und das Medaillon ausserdem an den Feind verloren hatten? Pia frage: „Aber… ich dachte… wir haben unsere Prüfungen damals vor 20 Jahren alle bestanden.“
„Ihr werdet immer wieder von Neuem geprüft werden,“ gab die Mutter der vier Winde zurück.
„Aber das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein!“ rief Benjamin ungehalten. „Damals mussten wir sogar in die Unterwelt reisen. Ich glaube kaum, dass die Welt des Feuers schlimmer ist als diese. Dafür reichen doch sicher unsere Voraussetzungen!“
„Wer weiss, wer weiss…,“ erwiderte die Windfrau gleichmütig. „Dann… gibst du uns die Gewänder tatsächlich nicht?“
„Nicht heute.“
„Ach komm schon!“ Benjamins Stimme schwoll an. „das ist jetzt wirklich unnötig! Wir wollen doch den vielen Erkrankten helfen. Was kann daran schlecht sein.“
„Gar nichts, aber ihr werdet trotzdem warten müssen, bis ich meine Entscheidung treffe. Morgen werdet ihr sie erfahren.“
Mit diesen Worten war die Alte Windfrau, ohne ein weiteres Wort, verschwunden.