Saras Abenteuer
Sara war währenddessen schon wieder ein beachtliches Stück weitergeritten, stets in der Hoffnung, dass sie sich schon bald wieder auskennen würde. Doch die Welt, durch die sie ritt, sah irgendwie ganz anders aus, als jene die ihr vertraut war. Der Himmel wirkte irgendwie lilafarben. Es machte den Eindruck, als würde es dämmern, denn die Sonne stand bereits ziemlich tief am Horizont und sah golden aus. Der Mond leuchtete dafür umso heller über ihr.
„Ich kann das einfach nicht verstehen,“ meinte die junge Frau. „Haben wir uns womöglich verirrt, Silberstern?“ Das Pferd schnaubte nur leise und trabte gleichmütig weiter.
„Ich denke, ich muss mich wohl auf deinen Instinkt verlassen mein Schöner,“ sprach Sara. „Bring uns möglichst schnell nach Hause, okay?“ Sie liess die Zügel locker und setzte ihr Vertrauen auf ihr Reittier, denn sie wusste sowieso nicht, wie sie sich noch orientieren sollte.
Silberstern wirkte jedoch ziemlich zielstrebig und bewegte sich immer in eine bestimmte Richtung vorwärts.
„Wohin bloss trägst du mich?“ murmelte Sara und wieder wollte Besorgnis sie ergreifen, als sich der Wald auf einmal lichtete und in der Ferne, in einem sanft abfallenden Tal, ein Dorf auftauchte!
„Wir sind zurück in der Zivilisation Silberstern!“ jubelte sie und trieb ihr Reittier nochmals etwas mit ihren Fersen an.
Doch als sie näherritten, stutzte sie erneut. Dieses Dorf sah so vollkommen anders aus als die Dörfer in ihrer Heimat! Es bestand aus eigenartigen, halbmondförmigen Häusern, welche um ein halbzerfallenes, grösseres Haus, das irgendwie wirkte wie ein mächtiger Iglu, angeordnet standen. Es wirkte jedoch verlassen.
„Das alles sieht so seltsam aus,“ murmelte die Frau, einmal mehr. „Wir müssen uns da mal umsehen. Im Notfall können wir hier aber wenigstens übernachten…“
Sie unterbrach sich, als hinter ihnen auf einmal lautes Kampfgeschrei ertönte. Erschrocken blickte sich die junge Frau um. Mehrere berittene, eher kleinere, gedrungen Männer, mit finsteren Mienen und roten Knollennasen stürmten auf sie zu.
Silberstern wieherte erschrocken und schlug einen Haken, um den Angreifern auszuweichen.
„Diese Reiter!“ schrie Sara „sie sehen aus wie… oh mein Gott, das kann doch nicht möglich sein!“
Doch es blieb ihr keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn Silberstern ergriff, so schnell in seine Hufe tragen konnten, die Flucht. Die furchterregenden Männer nahmen sogleich die Verfolgung auf.
„Ins Dorf!“ hörte Sara auf einmal eine Stimme in ihrem Kopf. „Schnell! Dort sollten wir sicher sein!“
„Aber… das ist vielleicht ein Fehler, vielleicht kommen diese Reiter ja von dort.“
„Ins Dorf!“ hörte sie erneut eine eindringliche Stimme, von der sie nicht wusste, woher sie kam.
„Nein! Das ist zu gefährlich!“ rief die Frau. Sie versuchte an den Zügeln zu ziehen, doch Silberstern liess sich nicht mehr aufhalten. Er galoppierte, mit fliegender Mähe und donnernden Hufen, Richtung Dorf.
In diesem Augenblick traten einige andere, ähnlich aussehende Männer und Frauen, wie jene die sie verfolgten, aus den Gebäuden des Dorfes.
„Da sind noch mehr von ihnen!“ Panik ergriff Sara.
Doch Silberstern liess sich immer noch nicht aufhalten und preschte hinein ins Dorf. Seltsamerweise liessen die Leute aus den Häusern, sie jedoch ohne Probleme passieren und stellten sich, bewaffnet mit Stöcken, Heugabeln usw. den Reitern entgegen. Wenn ihre Waffen auch primitiv anmuteten, gegenüber denen der Berittenen, welche Schwerter, Lanzen und Pfeilbogen bei sich trugen, setzten sie sich wacker zur Wehr.
Ein wilder Kampf entbrannte, zwischen den beiden Gruppen.
Sara schrie vor Entsetzen auf, als sie ein Speer nur um Haaresbreite verfehlte. Silberstern wich erneut geschickt aus, sprang zur Seite und schlug dabei einige weitere Haken.
Das Mädchen bewunderte die Geschicklichkeit ihres Pferdes, auch wenn es ihr ziemlich schwer fiel, sich noch auf dessen Rücken zu halten.
Plötzlich tauchte vor ihnen ein kräftiger Mann, ebenfalls mit roter Knollennase auf und hob seine Arme. Erschrocken bäumte sich der Schimmel auf und Sara wurde nun endgültig von dessen Rücken geschleudert. Dumpf schlug sie auf den Boden auf, dann… verlor sie das Bewusstsein.