Die Reise geht weiter
Es herrschte unbeschreibliche Freude bei den Zwergen- Stämmen, als sie erfuhren, dass der schreckliche Riesenkult zerschlagen, der schwarze Tempel zerstört worden war und der Greif die gefährlichsten der feindlichen Giganten in eine andere Welt verbannt hatte.
Schon ziemlich bald wurden die Verhandlungen zwischen dem Zwergen- und dem Riesenvolk, dann auch wieder aufgenommen.
Zyklopus und auch seine Frau Amalie, trugen dazu sehr vieles bei und wurden deswegen vom kleinen, sowie auch vom grossen Volk, hochgeschätzt. Darum war das Riesen- Paar dann, neben den Turner Geschwistern und Malek, auch an das rauschenden Fest eingeladen, welches die Zwerge, nach dem Vertreiben des finsteren Dämonen Xandrax, feierten.
Die kleine Lumnije, die Sebius vom Geburtshügel zurückgebracht hatte, wurde bei den Kleinwüchsigen wie eine Heilige behandelt, denn durch sie war der Keim wundervoller Hoffnung, in ihre Herzen, gesät worden. Das weibliche Zwergenbaby, auf welches alle so lange und sehnlichst gewartet hatten, war ihnen nun tatsächlich geschenkt worden!
So war diese Fest auch zugleich ein Art Geburts- Fest für Lumnije. Alle überhäuften Sebius mit Geschenken für seine Tochter und jeder wollte die Kleine, mindestens einmal pro Tag, in den Armen halten.
„Sie sehen alle so glücklich aus,“ sprach Pia bewegt zu ihrem Bruder der mit ihr, Malek und Sturmius, an einem grossen Feuer sass, das in der Mitte einer weiten, flachen Festwiese loderte. Überall wurde Musik gespielt und ausgelassen getanzt. Sogar die beiden Riesen tanzten mit. Der Boden erzitterte dabei unter ihren schweren Füssen, was oftmals für den einen oder anderen Lacher sorgte.
Amalie sah noch fast genauso aus, wie das erste Mal, als die Geschwister hier gewesen waren. Ihre Haare waren mittlerweile jedoch etwas ergraut und sie hatte, ebenso wie ihr Gemahl, einige Pfunde abgenommen. Die Geschwister hielten es für klüger den beiden nicht zu erzählen, dass sie einst jene fliegenden Händler gewesen waren, welche sie auf ihre Odyssee über das Meer geschickt hatten. Es spielte jetzt auch keine Rolle mehr, denn das Riesenpaar hatte sich wunderbar entwickelt und durch ihren Aufenthalt auf der Titanen- Insel, schliesslich sogar zum Glauben an den Grossen Geist gefunden. Was einst war, war vergangen und es war auch nicht nötig, alte Wunden wieder aufzureissen.
Ben erwiderte: „Ja, sie sind wirklich alle sehr glücklich! Ich hoffe nur, dass sie den Frieden noch lange geniessen können, bevor… die Umwälzungen in den Welten noch weiter fortschreiten.“
„Ich denke, sie sind auf einem guten Weg,“ sprach Malek überzeugt.
„Meinst du die anderen Riesen werden sich die Worte des Greifs auch wirklich zu Herzen nehmen?“
„Ja, das glaube ich schon. Ansonsten wird der Greif wiederkommen, das hat er versprochen.“
„Das alles ist wie ein grosses Wunder,“ schwärmte Sturmius. „Welche Gnaden sind uns doch die letzten Tage zuteilgeworden! Uns wurde nun sogar ein weibliches Zwergenbaby geschenkt. Das muss doch etwas bedeuten. Ich glaube der grosse Gottesgeist meint es gut mit uns!“
„Ja, das glaube ich auch,“ sprach Pia zuversichtlich. „Der Greif sagte übrigens auch, dass das Zwergenvolk eine sehr wichtige Funktion in der Welt hat. Ihr werdet euren Weg finden und alles überwinden, was noch auf euch zukommen wird, da bin ich mir sicher.“
„Ja, das glaube ich auch!“ stimmte Sturmius der Frau zu. Er unterbrach sich, als Sebius, mit Lumnije auf dem Arm, zu ihnen herüberkam. Er wirkte überaus stolz und das Baby, welches in ein aprikosenfarbenes Festtagskleidchen, das Malek für sie besorgt hatte, gehüllt war, schlief selig. Auch Sebius war sehr elegant gekleidet. Er trug einen braunen Samtanzug und über der Schulter einen dunkelroten Kapuzen- Umgang aus glänzendem Satin, der mit silbernen Fibeln an seinen Schultern befestigt war. Sein Haar war sauber gekämmt und sein Bart ordentlich gestutzt. Sogleich begannen die Augen aller Anwesenden zu leuchten und sie scharten sich begeistert um den Zwergen- Seher und sein Baby. „Sie ist einfach so etwas von süss!“ schwärmte Pia erneut. „Man könnte sie die ganze Zeit knuddeln!“
„Das stimmt,“ lächelte Sebius. „Ich staune, wie sie bei diesem Lärm so selig schlafen kann.“ Auch Sturmius schaute liebevoll auf die kleine Lumnije hinab und streichelte dann ganz sanft über ihre Wange. „Welch ein wundervolles Geschenk uns die heilige Erdmutter da gegeben hat! Nun wird sich alles verändert, da bin ich mir sicher!“
„Ja, ich spüre das auch,“ erwiderte Sebius. „Und jetzt da wir das Problem mit den Riesen ebenfalls langsam in den Griff kriegen, kann es nur noch aufwärts gehen.“
Der Abschied von den Zwergen und auch dem Riesenpaar war überaus herzlich.
„Wir… werden euch alle sehr vermissen,“ sprach Zyklopus mit feuchten Augen. „Wir haben so viele spannende Dinge zusammen erlebt.“
„Das mag stimmen, allerdings wärst du dabei fast zum Märtyrer geworden!“ tadelte ihn seine Frau.
„Das hat sich aber allemal gelohnt,“ erwiderte ihr Mann grinsend. „Sonst wäre mir der spektakuläre Kampf zwischen diesem… Xandrax und dem Greifen noch entgangen.“
Die Riesin verdrehte ihre blassblauen Augen und schnaubte: „Das ist ja wieder einmal typisch! Ich kann an einem Kampf auf Leben und Tod, allerdings nichts Interessantes finden.“
„Du hättest es eben selbst sehen müssen Liebling, dann würdest du bestimmt anders darüber denken! Ausserdem war von Anbeginn her klar, dass der Greif siegen würde. Er ist viel gewaltiger, viel stärker! Ein wundervolles Wesen! Ausserdem ist er ein Abgesandter des göttlichen Lichtes und das Gute siegt immer, früher oder später!“
„Das weiss man in Zeiten wie diesen, nie so genau,“ gab die Riesen- Frau zu bedenken.
„Ach was! Sei nicht so pessimistisch! Wir müssen einfach Vertrauen haben. Auch Pia, Benjamin und Malek haben stets ihr Vertrauen bewahrt. Darum wurde ihnen auch immer wieder geholfen. Wie uns jetzt wieder geholfen wurde.“
„Das stimmt,“ stärkte ihm Pia den Rücken. „Vertrauen ist sehr wichtig, wenn nicht das Wichtigste überhaupt.“
„Es sieht auch wirklich gut aus,“ mischte sich Sebius ins Gespräch. „Meine Visionen haben mir das gezeigt. Seit Lumnije da ist, sind die Visionen irgendwie viel deutlicher, viel klarer. Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch sie einst ganz besondere Gaben besitzen wird.“
„Davon bin ich überzeugt,“ sprach Malek. „Die Kleine ist wirklich aussergewöhnlich. Irgendwann wird sie bestimme ein Leuchtfeuer für alle Zwerge sein.“
„Das glaube ich auch,“ sprach Sturmius bewegt „und euch haben wir es vor allem zu verdanken, dass Lumnije nun auch in einer friedlichen Welt aufwachsen darf. Ihr werdet uns wirklich sehr fehlen!“ Spontan umarmte der Zwerg die Freunde noch einmal und in seinen Augen glitzerten nun Tränen. „Irgendwann werden wir uns bestimmt wiedersehen,“ erwiderte Benjamin tröstend. „Möge der Schutz des Göttlichen stets über euch wachen! So lebt denn wohl!“