Die Befreiung
„Das verborgene Tal befindet sich tatsächlich da unten!“ rief Malek. Der Wasser Greif hatte all seine Macht zusammengenommen, um den Illusionszauber, der über dem Bereich unter ihnen lag, zu durchbrechen und tatsächlich gelang es ihm nun mehr und mehr.
„Wir haben es geschafft! Wir haben es tatsächlich geschafft!“ freute sich der Magier. „Da unten hat es einige Zelte und da sind so schwarzgekleidete Gnome. Das sind bestimmt Nordoks! Wir müssen da runter, um nach Benjamin und den anderen zu sehen!“
„Einen Moment noch!“ meinte der Greif. „Solange ich die Schutzkuppel nicht ganz entfernt habe, ist es noch zu gefährlich um herunterzufliegen.“
Gerade als er das sagte, wurde es jedoch strahlend hell um sie und eine gewaltige Hitze breitete sich urplötzlich aus.
Malek, der zum Glück noch immer das Gewand der Klarheit trug, hielt geblendet die Hand über die Augen. Ein Heer von wunderschönen, strahlenden Feen, war auf einmal aufgetaucht.
„Erlaubt uns, dass wir euch bei eurem Vorhaben unterstützen, grosser, blauer Bruder!“ sprach die Grösste und Schönste von ihnen.
Malek erkannte sie als die Feenkönigin Solara, welche ihnen im Reich des Feuers begegnet war und ihnen die kleine Sonnenfee Solaria mit auf den Weg gegeben hatte. Zutiefst beeindruck beobachtete er, wie die Sonnenfeen jetzt alle ihre Hände auf den magischen, bereits stark beschädigten Schild richteten und diesen nun ihrerseits mit ihrer Feuermagie schwächten. Auch Malek half dabei etwas mit.
Die Gnomen unten im Tal, blickten mit schreckgeweiteten Augen nach oben und liefen in alle Himmelsrichtungen davon. Unter sie hatten sich nun auch solche mit weissbraunen Roben gemischt.
„Da unten sind Benjamin und Lumniuz!“ schrie Malek auf einmal. „Wir müssen zu ihnen.“
„Also gut!“ erwiderte der Greif. „Jetzt sollte es gehen!“ Mit dem Magier auf den Rücken, stürzte sich das Mischwesen nun in die Tiefe, während die Sonnenfeen, den spärlichen Überbleibseln des Illusionszaubers, noch den Rest gaben.
Gleich darauf folgten sie Malek und dem Greifen ihrerseits. Die Nordok Gnome schrien entsetzt, als die hell strahlenden Feen erblickten. Diese hatten ihren Glanz zwar ein wenig abgeschwächt, damit nicht alle Feinde sogleich zu Asche zerfielen, doch sie waren noch immer unglaublich mächtig. Ihre Strahlen trafen die beiden Prunkzelte, die sogleich in Flammen aufgingen. Die Haut der anwesenden Nordoks wurde, wie von einem starken Sonnenbrand, versengt. Sie schrien noch mehr und suchten Schutz im Schatten der Felswände und Höhlen.
Währenddessen hatten auch Malek und der Greif den Grund des Tales erreicht. „Da hinten ist Benjamin! Dort drüben Lumniuz! Er scheint einen Ausgang gefunden zu haben. Schnell, wir müssen sie holen!“ Der Greif stiess ein schrilles Kreischen aus, so das den feindlichen Truppen das Blut in den Adern gefror und flog dann dicht dem Boden entlang, zu Benjamin herüber. Malek streckte seine Arme aus und half diesem dabei, sich ebenfalls auf den Rücken des Mischwesens zu schwingen.
„Danke!“ sprach der blonde Mann. „Ihr kommt genau zur richtigen Zeit!“
„Haltet euch fest! Wir werden auch Lumniuz noch aufpicken!“ rief der Greif ihnen zu und machte sich sogleich auf, ihren Gnomen Freund ebenfalls zu retten.
Doch kurz bevor er diesen erreichte, traf ihn eine gewaltige, magische Attacke, die ihn auf den Boden zurückrückschleuderte. Malek und Ben wurden durch die Wucht des Sturzes, vom Rücken des Mischwesens katapultiert. Kurz verschlug es ihnen den Atem. Doch zum Glück wurden sie beide von den Gewändern der Klarheit geschützt. Voller Besorgnis rappelten sie sich wieder auf und schauten nach dem Greifen. Dieser wirkte ebenfalls ein wenig benommen von dem Sturz, schien aber zum Glück nicht schwer verletzt zu sein. Denn auch er erhob sich nun wieder und schaute fauchend in die Richtung, aus der die Attacke gekommen war. Dort stand ein grosser, schwarzgekleideter Mann, mit dunklen, schulterlangen Haaren und stechenden blauen Augen. Ein rotes, zorniges Funkeln, lag in diesen Augen und er hob erneut seine Arme, um zu einer weiteren, magischen Attacke gegen das Mischwesen anzusetzen. Doch diesmal war der Greif vorbereitet und errichtete blitzschnell einen Schutzschild um sich, Malek und Ben. Der Angriffszauber des Schwarzgewandeten, prallte daran ab. „Das ist einer der Anführer der Nordoks, er nennt sich Bruder Nacht,“ erklärte Benjamin. „Etwas stimmt mit ihm ganz und gar nicht.“
Der Greif nickte: „So ist es. Ich habe ihn vom ersten Moment an durchschaut. Er ist tatsächlich einer der Ritter!“
„Also doch!“ rief Benjamin, während sein Puls rasant anstieg.
„Macht, dass ihr hier wegkommt,“ sprach der Greif. „Es wird einen wilden Kampf zwischen ihm und mir geben!“
„Nein!“ widersprach Benjamin. „Diesmal lassen wir dich keinesfalls im Stich. Die Ritter haben dich schon einmal schrecklich zugerichtet. „Wir stehen dir zur Seite, was immer auch kommen mag.“
„Das ist sehr mutig von dir mein Sohn. Aber mit einem Ritter, werde ich schon noch fertig.“
„Trotzdem… vielleicht ist er ja gar nicht allein. Da gibt es auch noch Bruder Tag. Er…“
Er konnte nicht weitersprechen, denn eine dröhnende Stimme hallte in diesem Moment über das Tal. „Genau! Bruder Nacht ist nicht allein. Ich bin auch noch da und ich würde euch empfehlen euch zu ergeben, denn sonst… wird es eurer kleinen Freundin hier übel ergehen!“
Der blonde, weissgekleidete Bruder Tag, stand nicht weit entfernt von ihnen. Er hatte Pia in seiner Gewalt und hielt ihr einen schwarzen Obsidian Dolch an die Kehle.
„Nein Pia!“ rief Benjamin und wollte sich auf den boshaften Feind stürzen. Doch der Weissgewandete drückte den Dolch noch fester an Pias Hals und dieser hinterliess dabei einen blutigen Schnitt.
„Das würde ich nicht wagen!“ sprach er. „Am besten wir beruhigen uns erst einmal alle etwas. Ihr wollt doch eure Grosse Führerin nicht verlieren, oder?“ Alle hielten nun im Kämpfen inne und wechselten verzweifelte Blicke. Nicht einmal die Sonnenfeen wollten Pias Leben gefährden.
Die blonde Frau trug den magisch verstärkten Behälter, in dem die kleine Solaria gefangen war, noch in ihrer Hand. Dieser wurde ihr nun jedoch von Bruder Tag abgenommen und einem der mutigeren Ninja Gnome, die sich wieder aus ihren Verstecken gewagt hatten, übergeben. „Bring den Behälter in Sicherheit und bewache ihn gut!“ befahl er und der Gnom ging, nach einer kurzen Verbeugung, wieder davon. Bruder Tag lachte hämisch.