Am kommenden Morgen standen Pia, Benjamin und Manuel, trotz geringer Schlafenszeit, schon früh auf und machten sich nach einem kurzem Frühstück auf den Weg ins Kristallreich. Es wurde Zeit, dass sie Hungoloz und den andern Kranken die Medizin gegen die Seuche brachten. Ausserdem wollten sie endlich herausfinden, ob Manuels Erinnerung sich bewahrheitete und das Buch, welches die Verarbeitung, der Pollen der Feuerblumen beschrieb, sich wirklich in der Zauberkammer des Kristallschlosses befand.
Ziemlich bald trafen sie in dieser Kammer ein und besonders Manuel kam es erneut so vor, als kehre er nach Hause zurück. Das war ja auch nicht verwunderlich, war dieser Ort, in seinem letzten Leben, doch auch wahrlich sein zu Hause gewesen.
„Also Manuel,“ sprach Ben „kannst du dich vielleicht daran erinnern, wo das Buch, von dem du gesprochen hast, sich befindet?“
Der Junge schaute sich prüfend um und versuchte sich zu erinnern. „Ich glaube… es könnte dort drüben sein, da bei den anderen Büchern.“ Er führte sie zu einem Gestell mit ganz vielen Büchern und Schriftrollen.
„Es sollte ein grosses, grünes Buch mit goldener Schrift sein.“ Die Freunde überflogen die verschiedenen kleineren und grösseren Wälzer und ziemlich bald, stiessen sie tatsächlich auf ein Werk, welches der Beschreibung von Manuel entsprach. Es war mehrere Kilo schwer und aussergewöhnlich dick.
„Ja, das muss es sein!“ sprach Manuel „das ist genau das Buch, auf welches in dem anderen Buch von Malek, hingewiesen wurde.“
„Darin steht sicher eine ganze Menge über verschiedenste, alchemistische Elixiere!“ freute sich Ben. „Kannst du verstehen, was da genau steht?“
„Ja… seltsamerweise schon.“
„Schon toll, dass du einen so grossen Teil deines alten Wissens, in dein jetziges Leben herübergebracht hast,“ meinte Pia anerkennend. „Denkst du es gibt so etwas wie ein Inhaltsverzeichnis?“
Manuel hievte das riesige Buch aus dem Gestell und legte es auf den Tisch im Raum. Dann öffnete er den massiven, schweren Deckel, welcher mit einer goldener Schrift und einigen kunstvollen Gold- Verzierungen versehen war und blätterte die ersten Seiten um. Tatsächlich stiess er, gleich darauf, auf ein ausführliches Inhaltsverzeichnis. Er überflog es und kurz darauf fand er, was sie suchten. In der alten Sprache stand dort: Heilkräfte der Feuerblumen und ihre detaillierte Verarbeitung zur Medizin.
„Das ist es!“ rief Manuel und sein Herz machte einen Freudensprung. Sofort schlug er die besagte Seite auf. Es war Seite 430. Diese war im oberen, linken Viertel, mit einer wunderschönen, handgemalten Feuerblume verziert. Den ersten Letter hatte man in besonders kunstvoller, kalligraphische Schrift und mit Goldfarbe geschrieben. Auch der Rest des, allerdings schwarzen Textes, war sehr liebevoll und ebenfalls in kalligraphischer Präzision verfasst worden.
„Ein wunderschönes Buch!“ schwärmte Pia „Ob Ululala das alles selbst geschrieben hat?“
„Ja. Ich habe es damals als ich Ululala war, tatsächlich selbst geschrieben,“ antwortete Manuel „daran erinnere ich mich jetzt, nur bei den Bildern und den Anfangslettern hatte ich, soviel ich weiss, etwas Hilfe von einigen talentierteren Künstlern.“
„Einfach unglaublich! Seht euch das nur an! Das Buch muss uralt sein!“
„Das ist es in der Tat. Ich habe es damals in ganz jungen Jahren angefangen zu schreiben und es sind im Laufe meines, damals wahrlich langen Lebens, immer mehr Seiten dazugekommen.“
„Darüber können wir mehr als glücklich sein, denn nun finden wir vielleicht endlich heraus, wie man die Feuerblumen sonst noch verarbeiten kann.“
„Ja tatsächlich! Hier steht alles darüber. Wir sollten baldmöglichst mit der Produktion der Pollenmedizin beginnen.“
„Gehen wir aber zuerst zu Lumniuz, um ihm die frohe Kunde zu überbringen und dann endlich zu Hungoloz, um ihn zu heilen.“
Damit waren alle einverstanden und so verliessen sie die Zauberkammer und machten sich auf den Weg zu den Gemächern des Erdgnomen.
Als sie eine Treppe hinuntergingen, kam ihnen Lumniuz gerade entgegen. Als er die drei sah, wurde sein Gesicht durch ein freudiges Strahlen erhellt! „Ihr seid zurück!“ rief er „das ist aber schön. Seid ihr gerade angekommen?“
„Vor ungefähr einer halben Stunde, wir mussten noch kurz in die Zauberkammer,“ erwiderte Pia und alle umarmten sich.
„In die Zauberkammer? Was wolltet ihr denn dort?“
Die drei Freunde berichteten dem Erdgnomen alles, was sich zugetragen hatte.
„Dann war eure Suche nach den Feuerblumen also erfolgreich?“ fragte dieser voller Freude „und das Heilmittel… hat es funktioniert?“
„Ja, sehr gut sogar!“ sprach Ben. „Es soll aber eine noch bessere Medizin aus den Pollen der Blumen gewonnen werden können. Es gibt da ein Buch in der Zauberkammer, worin alles genauesten beschrieben steht. Diese Tinktur, die man aus den von den Feuerblumen stammenden Pollen machen kann, ist viel ausgiebiger und leicht zu transportieren. Habt ihr hier am Hofe ein paar Heilkundige und Alchemisten?“
„Ein paar schon.“
„Dann sollten wir sie baldmöglichst zusammenrufen, damit wir mit der Produktion des Wunder- Elixiers beginnen können. Das Rezept dazu, hat uns Ululala oder vielmehr Manuel zum Glück hinterlassen.“
Lumniuz lächelte und legte Manuel die Hand auf die Schulter: „Ich kann es noch immer nicht ganz fassen, dass mein Meister durch dich zu uns zurückgekehrt ist!“
„Auch ich muss mich teilweise noch an den Gedanken gewöhnen,“ erwiderte Manuel bescheiden. „Seit dem Ursprungsfindungsritual hat sich für mich so vieles an neuem Wissen eröffnet, über das ich oft selbst staune. Zum Glück hat Malek mit mir dieses Ritual durchgeführt, so kann ich wenigstens eine wirkliche Hilfe sein.“
„Du bist so oder so eine grosse Hilfe!“ meinte Lumniuz. „Aber wo wir gerade bei Malek sind, ist er nicht mit euch gekommen?“
„Nein. Er ist, nachdem er sich um die Kranken in seiner Heimatwelt gekümmert hat, gleich ins Juwelenreich aufgebrochen,“ sprach Benjamin. „Er wollte Ismala unbedingt heilen, da die Krankheit bei ihr schon sehr weit fortgeschritten war.“
„Bei Hungoloz wird es auch immer schlimmer! Er hat mittlerweile auch vollends das Bewusstsein verloren.“ „Ohjeh! Dann wird es höchste Zeit!“ rief Pia erschrocken. „Wir gehen sogleich zu ihm!“