Die Reise geht weiter
Die Freunde waren froh, als sie wieder in Maleks Schloss ankamen. Die Reise ins Feuerreich war anstrengend gewesen und sie waren sehr müde. So gingen sie schon bald schlafen. Micha kehrte in sein heimatliches Haus zurück, wo seine Familie schon sehnsüchtig auf ihn wartete. Seine Eltern schimpften mit ihm und nahmen ihm das Versprechen ab, dass er nie mehr so einfach davonlaufen durfte. Malek begleitete ihn jedoch und gab ihm ein wenig Schützenhilfe. Er erzählte wie tapfer sich Micha geschlagen hatte und als er sich bereiterklärte, diesen sogar bald in die Lehre zu nehmen, war der Ärger bald verflogen und Michas Eltern und Malek, sassen kurz darauf wie eh und je, in traulicher Runde beisammen und labten sich an einem Glas süssen Mets.
Etwas später als Pia und Benjamin, legte sich schliesslich auch Micha schlafen. Er träumte von seinem Kampf gegen den Lavadrachen, von den Feuerblumen und allen anderen Abenteuern, die er die letzten Tage bestanden hatte.
Kurz nach Mitternacht erwachte er jedoch wieder, denn sein Zimmer wurde plötzlich durch einen seltsamen Schein erhellt! Vor ihm stand eine der wunderschönen Sylphen, welche ihnen die Gewänder der Klarheit einstmals überreicht hatten. Erstaunt blickte er der anmutigen Frau entgegen. „Was tust du hier?“ fragte er „träume ich etwa noch?“
„Nein,“ erwiderte der Luftgeist freundlich „du bist wach. Ich bin hier, um das magische Gewand, das du trägst, wieder abzuholen.“
„Du möchtest das Gewand der Klarheit zurück?“ wollte Micha erschrocken wissen „aber ich dachte, wir dürfen es so lange behalten, wie wir wollen?“
„Das gilt für Malek, Manuel und die Turner Geschwister, aber leider nicht für dich.“
„Nicht für mich?“ rief der Junge verärgert. „Aber das ist ungerecht!“
„Nein, es hat seine Richtigkeit so. Meine Mutter, die Windfrau, weiss was sie tut. Du wirst das Gewand vorläufig nicht mehr brauchen.“
„Aber das kann man doch nie wissen. Wer weiss was ich zusammen mit Malek und den anderen noch alles erleben werde.“
„Du wirst deine vier Freunde nicht mehr weiter begleiten. Du bist auf die Probe gestellt worden und hast diese mit Bravour bestanden. Schon sehr bald wirst du von Malek in den Künsten der Zauberei unterrichtet werden. Während er und die anderen jedoch noch viele, verschiedene Aufgaben, überall in den Welten, zu erfüllen haben, ist es deine Hauptaufgabe, dich in die Arbeit hier an Maleks Hof einzuarbeiten. Denn eines Tages, wirst du Maleks Nachfolge antreten.“
„Ich… werde Maleks Nachfolger?“ fragte Micha ungläubig.
„Ja, wenn du reif genug bist, wird er dich dazu ernennen.“
„Woher weisst du das alles?“
„Ebenfalls von meiner Mutter. Der Elementarfürst der Luft, hat es ihr mitgeteilt.“
„Und weiss Malek schon Bescheid?“
„Zum gegebenen Zeitpunkt, wird er es ebenfalls erfahren. Du solltest ihm aber noch nichts sagen. Er hat übrigens Pete bereits angewiesen, dir alle beizubringen, was du als Schlossherr wissen musst. Du scheinst den Magier sehr beeindruckt zu haben und wenn du dich weiterhin so gut bewährst, wird alles sich zum Besten wenden. Verzage nicht und vertraue darauf! Und nun möchte ich dich bitten, mir das Gewand wieder auszuhändigen!“
Die Sylphe streckte ihre Arme aus und berührte Micha sanft. Sogleich löste sich das magische Gewand von seinem Körper und lag, kurz darauf, wieder auf ihren Armen.
Einen Moment lang, fühlte sich Micha richtiggehend nackt und es fröstelte ihn plötzlich. Er nahm die Decke von seinem Bett und wickelte sich darin ein. Erst jetzt spürte er wie müde und erschlagen er tatsächlich war.
Die Sylphe trat nun ein paar Schritte zurück und es wurde wieder ganz dunkel im Raum. Der Luftgeist war verschwunden!
Micha seufzte etwas betrübt und versuchte wieder einzuschlafen. Doch er fand keine wirkliche Ruhe mehr. Zu vieles gab es noch zu verarbeite und so war er froh, als das erste Licht des Tages in sein Zimmer drang.
Noch immer sehr müde, erhob er sich und kleidete sich langsam an. Ein Blick in den Spiegel über dem Waschbecken zeigte, wie sehr die Gewänder der Klarheit ihn bisher vitalisiert hatten. Nun war davon nichts mehr zu sehen. Ein mattes, bleiches Gesicht schaute ihm da entgegen und er wusch sich dieses mit dem eiskalten Wasser ab. Sein heimatliches Haus lag direkt unterhalb des Schlosses und Malek hatte ihn und seine Familie, zum Frühstück eingeladen. So machte er sich auf den Weg zum grossen Salon. Niemand kreuzte seinen Weg. Er war noch sehr früh dran.
Die Sonne ging langsam auf und warf ihr sanftes Morgenlicht durch die grossen Fenster des Salons. Micha fragte sich, wie die Sonnenfeen es schafften, so einen wundervollen Schein zu erzeugen. So viele Fragen hatte er noch und noch so wenig Antworten.
Da der Speisesaal noch leer war, öffnete er eins der Fenster und schaute hinaus. Das Städtchen lag unter ihm, das Morgenlicht spiegelte sich auf seinen Fassaden und der Horizont leuchtete in den wundervollsten Tönen auf.
Micha empfand die verschiedensten Gefühle, während er die kühle, belebende Luft in seine Lungen zog. Es war eine Mischung aus Schwermut, Trauer und zugleich aus Erwartung und Stolz, bei dem Gedanken, dass er scheinbar zu einer wichtigen Aufgabe hier in Maleks Reich berufen war. Bestimmt würde ihm der Magier sehr viel Interessantes beibringen können…
„Worüber denkst du nach, mein Junge?“ ertönte hinter ihm die freundliche Stimme Maleks, der unbemerkt zu ihm getreten war. „Ach über so manches Rätsel, das noch vor meinen Augen verborgen ist. Ausserdem überlegte ich, was du mir alles noch erklären und beibringen wirst.“
„Einige Dinge werde ich dir bestimmt beibringen und erklären können, aber vieles musst du auch in deinem eigenen Herzen erkennen und erfahren. Du musst schlussendlich deinen ganz eigenen Weg finden, aber ich kann dich dabei, nach besten Kräften, unterstützen.“
Der Magier legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und blickte nun auch aus dem Fenster. „Ein wirklich schöner Morgen heute. Du bist sehr früh dran. Hast du nicht gut geschlafen?“ „Es geht so. Bis Mitternacht ging es noch und dann… kam da auf einmal diese Sylphe und holte mein Gewand der Klarheit ab.“
„Sie hat das Gewand zurückgefordert?“ Malek wirkte auch etwas überrascht.
„Ja… sie sagte mir, dass es nicht meine Aufgabe ist, euch weiter zu begleiten.“
„Oh… wirklich? Hat sie auch gesagt, warum?“ Micha berichtete seinem angehenden Mentor alles, was die Fee ihm gesagt hatte, ausser das mit ihm, als Maleks Nachfolger, verschwieg er, da der Luftgeist ihn darum gebeten hatte.
„Nun, auch wenn ich es schade finde, dass du uns nicht weiter begleitest, ist es bestimmt eine gute Idee, wenn du zuerst das nötige Handwerkszeug lernst, um einst eigene Ländereien betreuen zu können. Pete kann dir sicher viel Nützliches beibringen und es gibt auch einige andere, welche dich mit Aufgaben, die ich jeweils habe, vertraut machen werden. Du bist jetzt ein junger Lord Micha und wenn ich wieder zurückkehre, werde ich dich ein wenig mit den Grundbegriffen der Magie vertraut machen.“
„Dann ist es für dich jetzt wirklich in Ordnung, einen Lehrling aufzunehmen?“
„Ja. Es wird Zeit, dass ich über meinen Schatten springe und jemandem mein Wissen endlich weitergebe und auch die Verantwortungen, die damit einhergehen, erklären.“
„Ich werde mein Bestes geben… Meister.“
„Das weiss ich!“ lächelte Malek und legte kameradschaftlich den Arm um den Jungen. Zusammen schauten sie dann weiter zu, wie die Sonne sich immer mehr vom Horizont löste und ihre tägliche Reise über den Himmel antrat.