Das grosse Sommerfest und seine Folgen
Als sie im Dorf zurück waren, wurden sie herzlich empfangen. Auf dem Rückweg, hatten sich Hungoloz, die Geschwister und Malek, nochmals über die tragische Liebesgeschichte zwischen Mandalina und dem von ihr geliebten Elfen unterhalten. Natürlich kam dann das Gespräch automatisch darauf, wer dieser Elf wohl gewesen sein mochte. Das war die Gelegenheit für Hungoloz seinen Freunden endlich von dem zu berichten, was er und sein Vater über Tartaloz erfahren hatten. Die Geschwister waren ganz aus dem Häuschen, ob diesen wichtigen Neuigkeiten. Sie freuten sich sehr mit ihrem Freund und auch mit dessen Vater, dass ihre Familie nun, durch Tartaloz, um eine Familienmitglied angewachsen war.
„Ich dacht schon immer, dass Tartaloz und du euch unglaublich ähnlich seht," sprach Pia. „Auch von eurem Wesen her, habt ihr einige Gemeinsamkeiten. Das muss unbedingt gefeiert werden!“
„Ja, du hast recht! Es gibt wirklich einiges für uns zu feiern. Jetzt, da auch der Wald und damit der Frieden im Elfenvolk, wieder neu erblüht. Ich werde morgen bekannt geben, dass wir ein grosses Fest feiern. Wir haben sowieso jedes Jahr das grosse Sommerfest. Jetzt ziehen wir es einfach etwas vor, damit ihr auch noch dabei sein könnt. Immerhin seid ihr unsere Ehrengäste."
„Yeah ein Fest!“ rief Pia „Darauf freue ich mich schon sehr!“
Gesagt getan! Am kommenden Tag, begannen alle die nötigen Vorbereitungen für das Fest zu treffen.
Pia, Benjamin und Malek jedoch durften nicht mit anpacken. „Ihr seid, wie gesagt, unsere Ehrengäste,“ meinte Hungoloz „und darum entspannt euch einfach und lasst uns machen!“
Also verbrachten die Geschwister den grössten Teil des Tages, auf dem grossen, wunderschönen, von einem Holzgeländer begrenzten Balkon und blickten über die, immer grüner werdenden Baumkronen, des sich scheinbar endlos ausdehnenden Waldes.
Zu ihren Füssen herrschte reges Treiben. Die anmutigen, meist in Grün- und Braun- Tönen gekleideten Waldelfen, bereiteten das grosse Fest mit viel Liebe vor.
Benjamin fiel es etwas schwer, einfach nichts beizutragen und nur zu faulenzen. Aber Pia beschäftigten gerade andere Gedanken.
Sie hielt automatisch immer wieder nach Hungoloz, mit seinen blonden, halblangen Haaren und den wunderschönen, goldenen Augen Ausschau.
Möglichst diskret beobachtete sie, was er gerade tat. Von dem Baumhaus, auf dem sie sich befanden, hatte sie einen sehr guten Blick auf die grosse Lichtung, in deren Mitte nun das Holz für ein mächtiges Freuden- Feuer aufgestapelt wurde.
Hungoloz packte überall tüchtig mit an. Er hatte geholfen Holz zu sammeln und gerade hängte er bunte Lampions, rund um den Festplatz auf. Das Mädchen schaute ihm zu, wie liebevoll er das tat und wurde rot, wenn er ab und zu, zu ihr emporblickte und ihr zulächelte. Dann zog sie sich verlegen auf den hinteren Teil des Balkons zurück.
Sie gab sich alle Mühe, ihn ihr Interesse, nicht zu sehr spüren zu lassen. Leicht fiel es ihr wahrlich nicht. Dennoch, sie musste sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass es keine Zukunft für Hungoloz und sie gab. Irgendwann würde sie auf die Erde zurückkehren müssen und er konnte nicht mit ihr gehen. Jetzt da er der neue König des Waldes war, sowieso nicht.
Pia konnte sich aber auch nicht vorstellen, für immer hier zu bleiben, zu sehr hing sie noch an ihren Eltern und ihrer Heimat. Nichtsdestotrotz ging ihr der junge Elf einfach nicht aus dem Kopf.
Langsam brach der Abend herein und das Zirpen der Zikaden und Grillen, erfüllte die Dämmerung. Die ersten Lampions wurden angezündet, diese strahlten, je nach Farbe, ein anderes Licht aus. Am Waldrand und teils auf der Wiese der Lichtung, leuchtete ausserdem die kleinen Lichtlein der Glühwürmchen, welche gerade auf Brautschau waren. Mit dem Wiedererblühen des Waldes, waren sie ebenfalls zurückgekehrt.
Pia blickte verträumt von ihrem Balkon herunter auf das Schauspiel.
Sie trug ein Fest- Gewand, welches ihre eines der Waldelfenmädchen ausgeliehen hatte. Ein wunderschönes, figurbetontes, langes, malachitgrünes Kleid, mit weitschwingenden Ärmeln, goldenen Zierbändern an Hals und Oberarmen und einem eierschalenfarbigen Innenfutter. Ihre goldenen Haare, steckte Pia an beiden Seiten etwas hoch und schmückte sie mit Blumen und Efeu.
Als sie die Treppe des mächtigen Baumhauses hinunterstieg, richteten sich sogleich alle Blicke auf sie. Einige stiessen bewundernde Rufe aus und Hungoloz, der gerade half das grosse Feuer zu entzünden, während der Vollmond silbern über den Baumkronen aufging, hielt sogleich in seiner Tätigkeit inne und musterte sie mit grossen Augen. Kein Wort kam aber über seine Lippen.
Leicht verlegen gesellte sich Pia zu den, bereits Anwesenden. Mit einigen der Waldelfen hatte sie sich schon sehr gut angefreundet, darunter auch mit dem Elfenmädchen Lejana, welches ihr das Kleid ausgeliehen hatte. „Du siehst wirklich wunderschön aus heute,“ sprach diese und dann mit gesenkter Stimme: „Du scheinst die Aufmerksamkeit unseres beliebtesten Junggesellen auf dich gezogen zu haben.“ Dabei stiess sie Pia neckisch in die Seite und blickte verschwörerisch zu Hungoloz herüber, der dummerweise gerade auch zu ihnen herüberschaute.
Pia reagierte aus ihrer Verlegenheit heraus etwas zu schnell und sagte absichtlich laut genug und mit einem abwehrenden Lachen: „Und wenn es auch so sein sollte. Eine Beziehung mit einem Elfen, so gerne ich euch auch habe, kann ich mir nicht so wirklich vorstellen. Zumal wir in so verschiedenen Welten leben. Ich bin zwar sehr gerne hier, aber ich habe trotzdem immer mal wieder Heimweh. Ich könnte nicht von der Erde weg und ihr würdet auch sicher nicht von hier wegwollen. Ausserdem haben Benjamin und ich noch einige wichtige Aufgaben zu erfüllen.“
Lejana nickte verständnisvoll, doch Pia hätte sich im gleichen Moment am liebsten selbst geohrfeigt, denn sie sah die Enttäuschung in Hungoloz‘ Augen. Abrupt wandte er sich ab und schaute dann auch nicht mehr zu ihr herüber. Diesmal schien er wirklich verletzt zu sein.
Das Mädchen spürte einen tiefen Stich im Herzen. Doch sie redete sich ein, dass es wohl besser war, wenn der Waldelf sich keine weiteren Hoffnungen machte.
Nach und nach wurden nun auch die verschiedensten Speisen aufgetragen. Es gab unglaublich viele Leckereien und dazu Met und Pfefferminzsirup. Immer mehr Elfen kamen dazu. Auch Benjamin hatte sich in Schale geworfen und zog ebenfalls einige Blicke, der weiblichen Anwesenden, auf sich. Er war ja auch wirklich ein sehr schöner Bursche. Auch für Pia schwärmte der eine oder andere, doch sie war gerade zu sehr damit beschäftigt zu verarbeiten, dass Hungoloz sie nun beinahe ganz ignorierte. Er schien wirklich verletzt zu sein. Das hatte sie doch eigentlich gar nicht gewollt. Was war nur über sie gekommen, so etwas Schreckliches zu sagen? Aber es war doch die Wahrheit gewesen. Warum bloss, machte es ihr nun doch so zu schaffen?
Um sie herum schienen alle so glücklich zu sein. Es wurde gelacht, getanzt, gejubelt und Lieder gesungen. Hungoloz war ziemlich beschäftigt, redete da ein paar Worte, oder tanzt dort mit einer Frau. Das weibliche Geschlecht schien wahrlich sehr von ihm angetan zu sein. Der beliebteste Junggeselle eben, wie Lejana gesagt hatte. Pia beobachtete das mit wachsendem Missfallen.
Hungoloz schien sich nur allzu schnell getröstet zu haben… Bitterer Groll machte sich in ihren Eingeweiden breit. Bestimmt waren seine Gefühle für sie eh nur ein Strohfeuer gewesen. Möglicherweise sah er auch ein, dass es für sie keine Zukunft gab. Weshalb fühlte sie sich dennoch so elend und verraten?