Malek und Nofrete spazierten währenddessen, Hand in Hand, durch den Schlosspark. Überall gab es wunderschöne Blumenrabatten, blühende Bäume, Brunnen mit vielfältigen Wasserspielen und marmorne Statuen. Das Schloss funkelte im Sonnenlicht, das sich, regenbogengleich, in den hunderten von verschiedenfarbigen Juwelen, die die Fassade schmückten, brach.
Schliesslich setzte sich das Paar auf einer gemütliche Bank, mit hoher Lehne und einem königsblauen Baldachin darüber, nieder.
Gedankenverloren schauten sie eine Weile den buntschillernden Vögeln zu, die sich auf dem, aus weissem, feinen Kies bestehenden Boden, um ein Stückchen Brot balgten. Ein lauer Sommerwind wehte und strich durch die dicht belaubten Bäume, die um sie herum aufragten. Ein leises Rascheln entstand dabei. Auch oben im Geäst, zwitscherten die Vögel und in den Hecken zirpten die Heupferdchen.
„Es ist wunderschön hier,“ meinte Malek schliesslich „Ich kehre immer sehr gerne an diesen Ort zurück.“
„Und doch bleibst du die letzten Wochen, niemals länger als ein Tag und eine Nacht,“ erwiderte Nofrete bekümmert.
„Ich weiss, aber es geht im Augenblick nicht anders. Es gibt noch so viel zu tun. Immerhin stehen wir vor dem Beginn eines neuen Zeitalters. Es ist meine Pflicht alles zu unternehmen, um diesen Übergang für alle Geschöpfe so erträglich wie möglich zu gestalten.“
„Aber du bist doch nicht für alles verantwortlich! Pia und Benjamin sind ja schliesslich die Grossen Führer.“
„Aber ich muss sie nach Kräften unterstützen. Diese Aufgabe wurde mir von den hohen Geistern übertragen.“
„Das verstehe ich ja schon. Nur, könntest du nicht wenigstens einmal etwas länger bleiben?“
„Ich glaube nicht, dass das geht. Denk nur mal an die bereits verseuchten Gewässer! Wir müssen ins Wasserreich, um alles wieder in Ordnung zu bringen.“
„Aber du kannst nicht immer alles in Ordnung bringen!“ rief Nofrete etwas ärgerlich. „Alle Geschöpfe sind, in gewisser Hinsicht, auch für sich selbst verantwortlich. Du und auch die Turner Geschwister, können nicht immer für alle alles richten!“
„Aber wir müssen dennoch unser Bestes geben. Bitte versteh das doch!“ Malek umarmte Nofrete und zog sie eng an sich heran, dabei streichelte er sanft ihren Oberarm.
„Aber… du fehlst mir manchmal so sehr…“ erwiderte die Prinzessin, mit gebrochener Stimme und Tränen erschienen in ihren smaragdgrünen Augen, während sie sich fest in seinen Arm kuschelte.
„Ich weiss, auch du fehlst mir oft schrecklich. Aber ich muss das einfach tun.“
Nofrete blickte ihn nun prüfend an, während sie sich ihre Tränen wegwischte: „Kann es sein, dass du immer noch glaubst, irgendetwas wieder gut machen zu müssen, weil du einst dem Herrn der Finsternis gedient hast?“
„Das ist sicher einer der Gründe. Aber vor allem gab mir einst die alte Windfrau den Auftrag, dass ich die Geschwister begleiten soll. Ich bin schon so lange mit ihnen befreundet und sie brauchen jemand an ihrer Seite, der magische Kräfte besitzt. Jetzt da Manuel alias Ululala, auch wieder abgesprungen ist, brauchen sie mich umso mehr. Wir konnten auch wirklich schon sehr vieles bewirken. Ich tu das alles ja auch für dich!“
„Ich weiss, ich weiss…“ die Prinzessin seufzte „und dennoch… manchmal bin ich so schrecklich einsam!“
Malek küsste seine Gemahlin auf die Stirn. „Mir geht es doch nicht anders. Aber im Augenblick kann ich es nun mal nicht ändern. Ich gehöre an die Seite der Grossen Führer!“
„Aber du gehörst doch auch an meine Seite!“ flüsterte Nofrete.
Der Magier blickte seine Liebste besorgt an. Ihr dunkles, langes Haar fiel leicht über ihr Gesicht und glänzte im Sonnenlicht. Und ihre wundervollen, grünen Augen, machten ihn immer noch verlegen, wenn sie ihn ansahen. Für ihn war sie in den vergangenen Jahren noch schöner geworden. Doch nun lag so eine tiefe Traurigkeit auf ihrem makellosen Antlitz, dass es Malek beinahe das Herz brach.
„Oh meine Liebste! Sei doch bitte nicht so traurig! Ich werde so bald als möglich wiederkommen.“
„Wenn… du überhaupt wiederkommst,“ sprach sie, während ihr erneut Tränen über die Wangen liefen.
Er zuckte leicht zusammen. „Wie nur kommst du darauf, dass ich nicht zurückkommen werde?“
„Es könnte doch sein. Du bist ja nicht unsterblich. Wenn diese drei Ritter, mit denen ihr es zu tun bekommt, wirklich so böse sind, wie ihr erzählt habt, dann könnten sie dich auch töten.“
Malek nahm ihr Gesicht in seine beiden Hände und blickte sie eindringlich an: „Sag nicht so etwas! Ich werde immer zurückkommen! Ich habe nicht vor zu sterben, bevor das Omniversum nicht wieder in Frieden leben kann. Ich habe sogar eine Reise in die Unterwelt und bis ins Zentrum der Hölle überlebt. Ausserdem trage ich auch diesmal wieder die Gewänder der Klarheit. Also vergiss solche Gedanken schnell wieder!“
Seine Stimme war so streng, dass der Prinzessin nichts anderes übrigblieb als zustimmend zu nicken. „Du hast recht, manchmal mache ich mir aber einfach grosse Sorgen.“
„Das musst du nicht. Es wird alles gut werden. Aber wir müssen auch etwas dafür tun. Darum muss ich gehen. Verstehst du das?“
Wieder diese eindringliche Stimme, die keinen Widerspruch mehr duldete und Nofrete nickte auch diesmal.
Schliesslich sprach sie: „Es tut mir leid. Du musst mich für sehr egoistisch halten, weil ich dich von deiner Mission abhalten will. Aber ich liebe dich einfach nur so… sehr. Jeder Tag, ohne dich, ist so leer. Beinahe jede Nacht träume ich, dass du bei mir bist und wenn ich dann erwache… will ich nur noch weinen.“
„Ach mein Liebling!“ sprach Malek und blickte Nofrete voller Zuneigung an. „Auch mir geht es doch so!“ Er erhob sich und steckte ihr seine Hand entgegen. „Und ich will jeden Moment mit dir, voll und ganz, auskosten! Sollen wir in unsere Gemächer gehen und uns ein paar romantische Stunden gönnen! Was meinst du?“
Die Prinzessin nickte und erhob sich ebenfalls.
Gemeinsam kehrte das Paar ins Schloss zurück. Dort entledigten sie sich ihre Kleider und schlüpften in etwas Bequemeres. „Heute lassen wir uns das Essen ausnahmsweise mal aufs Zimmer servieren,“ schlug Malek vor. „Pia, Benjamin und deine Eltern werden das bestimmt verstehen.“
„Ja, du hast recht,“ freute sich Nofrete. „Ich werde uns auch gleich noch etwas Granatapfelwein bringen lassen.“
Malek war froh, dass er Nofrete wieder hatte aufheitern können und er genoss den Abend mit ihr in vollen Zügen.
Sie assen tranken und liebten sich, bis tief in die Nacht hinein und dann schliefen sie nackt und eng aneinandergeschmiegt ein.