Zwei Armeen treffen sich
Nach dem Frühstück brachen die Freunde dann schliesslich auf. Sie fanden alle problemlos auf dem mächtigen Rücken des Greifs Platz und dann ging der Flug los!
„Wow!“ rief Benjamins Liebste begeistert. „Es ist so wundervoll zu fliegen! So etwas habe ich noch nie erlebt!“
„Ja, es ist tatsächlich immer wieder ein einzigartiges Erlebnis auf dem Rücken eines so gewaltigen Wesens durch den Himmel zu gleiten!“ sprach Malek, der vor ihnen sass, durch das Brausen des Windes hindurch.
„Wie oft habt ihr das in eurer Laufbahn denn schon erlebt?“ fragte Sara neugierig.
„Bisher ritten wir einmal auf dem Rücken des Erden- Greifs und einmal auf dem Rücken einer riesigen Taube,“ antwortete diesmal wieder Benjamin. „Ihr seid auch schon auf einer Riesentaube geritten? Das müsst ihr mir eines Tages wirklich mal genauer erzählen.“
Benjamin nickte grinsend. Dann umschlang er Sara fester mit seinen Armen und legte dabei seinen Kopf sanft auf ihre Schulter, so dass sie seinen warmen Atem an ihrem Hals spürte und sprach. „Wenn wir wieder mehr Zeit haben, werde ich dir alles erzählen, was du willst mein Schatz!“
Sara drehte sich halb zu ihm um und sprach scherzend: „Ja, das will ich auch hoffen!“
Pia, welche hinter ihrem Bruder sass, meinte „da gibt es einiges an Abenteuer von dem er dir berichten kann Sara! Denn wir haben wirklich schon eine Menge erlebt!“
„Das kann ich mir… gut vorstellen!“
Kurz spürte die dunkelhaarige Frau wieder Unbehagen in sich aufsteigen. Ben, Pia und auch Malek, hatten schon so vieles erlebt. Sie hingegen… konnte kaum etwas Interessantes über ihr Leben berichten.
Gleich darauf dachte sie jedoch wieder daran, welch wichtige Aufgabe sie hier im Trollenreich nun zu erfüllen hatte. Ihre Gedanken schweiften wieder zu dem wundervollen Traum zurück, in welchem ihr Tri- Chan erschienen war. Seit der Verschmelzung mit selbiger, fühlte sich Sara viel selbstsicherer und sie zweifelte tatsächlich nicht mehr so sehr an sich. Und wenn doch mal ein Selbstzweifel auftauchte, dann verflüchtigte sich dieser viel schneller wieder und machte neuem Mut Platz. Dies war wahrhaft ein wundervolles Geschenk…!
„Da unten ist das Haus von Triandra!“ erklang kurz darauf die mächtige Stimme des Greifs. „Gleich im Tal daneben haben ihre Leute ein Heerlager aufgebaut. Seht ihr es?“
„Ja,“ rief Malek. „Es sind also doch noch einige gekommen! Ich hoffe, es werden noch mehr!“
„Bestimmt!“ erwiderte das Mischwesen zuversichtlich. „Ich werde euch jetzt erst einmal neben Triandras Haus absetzen. Haltet euch gut fest! Wir landen!“
Mit rauschenden Schwingen setzte der Feuer- Greif nun zum Sinkflug an.
Kurz darauf landeten sie auf der Wiese neben dem Cottage der trollischen Priesterin. Diese kam ihnen bereits mit Trion und noch einem anderen, etwas älteren Troll, entgegen. Beeindruckt schauten sie an dem gewaltigen Mischwesen empor, dessen Gefieder und Fell, wie lodernde Flammen aussahen. Triandra, welche diesmal ein eher einfaches, weisses Gewand mit einem goldenen Gürtel und einigen Goldstickereien an den Säumen trug, verneigte sich ehrfürchtig vor dem gewaltigen Wesen. Ihre Begleiter, die silberne Kettenhemden und weisse, ebenfalls mit Gold bestickte Umhänge und Untergewänder trugen, taten es ihr nach.
„Nur nicht so förmlich!“ rief der Greif und liess ein kehliges Lachen hören. Dann setzte er sich hin und senkte sein mächtiges Haupt, damit Sara und die anderen problemlos absteigen konnten.
„Es… ist uns eine Ehre, dich kennenzulernen, grosser Bruder!“ sprach Triandra und trat etwas näher an Greifen heran.
„Die Ehre ist ganz meinerseits,“ erwiderte dieser. „All deine Verdienste am Trollenvolk und auch deine Hingabe an den göttlichen Geist, sind mir wohlbekannt. So verfolge ich deine Laufbahn schon lange.“
„Dann weisst du bestimmt auch, was wir die letzten Jahre alles an Leid und Schmerz erfahren haben,“ erwiderte Triandra.
Das Mischwesen nickte bekümmert.
„Noch immer können ich und viele, die an meiner Seite stehen nicht begreifen, warum es so weit gekommen ist,“ fuhr die Sonnenpriesterin fort „und warum die Spaltung im Trollenvolk, bereits so tief reicht. Triobald und seine Anhänger wollen jegliche Art von Religion oder Spiritualität ausmerzen. Dazu gehören auch Leute wie ich, die ihr Leben lang, in den Diensten des grossen Schöpfers stehen.“
„Sie haben Angst,“ erwiderte der Greif und wiegte dabei seinen Kopf nachdenklich hin und her.
„Sie… haben Angst!?“ rief Trion ungläubig aus. „Dabei sind sie es doch, die gerade überall Angst und Schrecken verbreiten. Sie sind es, die angefangen haben Leute zu verfolgen und zu töten, die aus irgendeinem Grund nicht in ihr Weltbild passen!“
„Ich verstehe deine Wut und deine Ratlosigkeit Trion. Angst kann viele Leute zu unglaublichen Taten verleiten.“
„Aber… warum sollten Triobald und seine Anhänger Angst haben?“ fragte die trollische Priesterin. „Wir haben doch so lange in Frieden miteinander gelebt. Was sollen ich und meinesgleichen, Triobald und seinesgleichen angetan haben? Unsere Religion war stets frei von Dogmen und strengen Vorschriften. Wir haben auch nie unsere Position ausgenützt.“
„Das weiss ich. Doch ihr habt über die Umwälzungen in der Welt gesprochen. Darüber, dass alles im Omniversum sich verändert und die alte Ordnung mehr und mehr ins Wanken gerät. Auch wenn das stimmen mag, kann das vielen Geschöpfen grosse Angst machen, weil sie einfach nicht wissen, wie diese Umwälzungen sich genau gestalten werden. Darum versuchen sie alles, um diese Angst nicht mehr zu spüren, wehren sich mit Händen und Füssen gegen jegliche Veränderung. Ihre Unsicherheit wird dann häufig zusätzlich von destruktiven Wesen, wie z.B. den drei bösen Rittern, ausgenutzt, um diese verunsicherten Seelen noch mehr zum Negativen zu beeinflussen. Das ist wohl bei Triobald und seinen Anhängern geschehen. Angst und Unsicherheit sind ein perfekter Nährboden für Hass und Zwietracht. Du Triandra und auch viele der anderen spirituellen Führer, wollten, gerade weil all diese Umwälzungen bevorstehen, ein neues Wertesystem in der Trollenwelt etablieren. Doch es gibt nach wie vor viele, die noch sehr an den alten Wertesystemen hängen. Du weisst, dass die Trolle ursprünglich ein ziemlich kriegerisches, kämpferisches Volk waren. Das lässt sich leider nicht so einfach ändern. Manchmal malen die Mühlen der Erkenntnis langsam. Ich weiss, dass du bereits einen grossen Erwachungsprozess durchlaufen hast. Aber jeder hat da sein eigenes Tempo. Das wurde vielleicht, im Drang Gutes zu tun, teilweise vergessen.“
„Aber…, wenn das so ist, dann könnte man doch miteinander darüber sprechen! Nicht einfach mit Gewalt gegen jene vorgehen, die sich um eine ethischere Gesellschaft bemühen!“
„Und vielleicht ist es gerade dieses Denken, das den Ausschlag zu diesem Konflikt gab. Du sprichst von einer neuen Ethik, doch für Leute wie Triobald bedeutet Ethik noch etwas anderes. Er will genauso das Beste für sein Volk, wie du. Aber seine Mittel sind zweifelsohne nicht die Richtigen. Darum ist es so wichtig, dass du und deine Getreuen, mit gutem Beispiel vorangeht. Aus diesem Grund habe ich euch auch dazu aufgefordert, euch euren Feinden unbewaffnet entgegenzustellen. So wird jenen ein Spiegel vorgehalten. Sie erkennen dadurch, dass es auch andere Wege, nebst der Gewalt, gibt.