Wieder vereint
Pia und die andern sassen währenddessen, zusammen im Speisesaal des Kristallschlosses und unterhielten sich angeregt über alles, was sich zugetragen hatte. Das Hungoloz tatsächlich hier war, war eine wundervolle Überraschung, vor allem für Pia, und die beiden Liebenden konnten kaum voneinander lassen. Immer wieder küssten und umarmten sie einander. Pia fühlte sich wie in einem wunderschönen Traum und gerade gab es für sie nur noch Hungoloz und die grosse Liebe zwischen ihnen. So erschrak sie beinahe etwas, als Malek zum Fenster hinausblickte, den Sonnenstand prüfte und sprach: „Wo bleibt denn Benjamin bloss? Es ist bestimmt schon mehr als eine Stunde vergangen und er hat sich noch immer nicht blicken lassen. Ich glaube ich muss wirklich mal nach ihm sehen.“ Mit diesen Worten erhob er sich und wollte sich auf den Weg machen.
„Warte!“ rief Pia, auch wenn sie sich nur sehr ungern von Hungoloz trennte, „ich komme mit!“
Aber Malek winkte mit einem verständnisvollen Lächeln ab. „Das musst du nicht. Bleib du nur hier bei deinem Liebsten. Ich komme schon klar!“
„Aber ich könnte dich doch begleiten!“ rief Manuel und sprang ebenfalls auf. Malek musterte ihn kurz etwas erstaunt und erwiderte dann: „Wenn du willst, natürlich gerne.“ Mit diesen Worten verliessen er und der 20- jährige den Speisesaal.
Doch zu ihrer grossen Überraschung, kam ihnen Ben auf halbem Wege bereits entgegen!
„Benjamin!“ rief Malek erleichtert und lief zu ihm. „Wo um alles in der Welt warst du so lange? Wir wollten uns gerade auf die Suche nach dir machen.“ „Tut mir leid,“ erwiderte der Angesprochene. „Aber ich hatte ein paar Schwierigkeiten, allerdings nichts Dramatisches. Die Eichenfrau hat mir geholfen und ich habe ausserdem unglaubliche Neuigkeiten! Wo sind die anderen?“
„Im Speisesaal. Hungoloz und Tartaloz sind übrigens auch da.
„Hungoloz ist hier?! Pia muss ausser sich sein, vor Freude.“
„Ja, das ist sie wirklich. Darum sagte ich ihr auch, sie solle bei ihrem Liebsten bleiben. Dafür ist Manuel mitgekommen.
„Manuel!“ Ben umarmte den 20- jährigen spontan „das ist aber lieb von dir. Wie geht es dir?“
„Danke, es geht mir gut. Ich habe auch einige wichtige Neuigkeiten. Komm und iss einen Happen mit uns, dann können wir einander alles erzählen.“
Die Freude und Erleichterung war gross, als Ben wohlbehalten im Speisesaal eintraf. Herzliche Umarmungen und Handschläge wurden ausgetauscht und einer der Angestellten, servierte dem blonden Mann einen vollen Teller, mit allerlei Leckereien darauf. Ben war sehr hungrig und stürzte sich gierig darauf. Zwischen zwei Bissen, platzte er dann endlich mit seinen Neuigkeiten heraus. „Ich habe Mama und Papa gesehen!“ rief er, ohne dabei im Kauen innezuhalten.
Pias Augen weiteten sich. „Mama und Papa, aber wo?“
„Sie befanden sich auf einer Art Wolkentreppe, die hinauf zu einer wundervollen, schwebenden Stadt, mit weissen Mauern und perlmutternen Dächern führte. Die Alte Windfrau begleitete sie.“
„Aber wie ist so etwas nur möglich?“
„Ich schaute einfach durch das Portal in der alten Eiche, welches ins Luft- Reich führt und da sah ich sie! Die Eichenfrau lud mich zu sich ein, müsst ihr wissen und sie gab mir einen besonderen Tee zu trinken, damit ich mich beim Meditieren wieder besser fokussieren kann. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich sehr unter dem Abschied von Sara gelitten habe. Darum habe ich auch so lange gebraucht, um euch hierher zu folgen.“
„Das haben wir uns noch fast gedacht,“ sprach Malek.
Hungoloz legte Ben tröstend die Hand auf die Schulter. „Tut mir leid, dass du wegen Sara so leidest. Ich kann dich sehr gut verstehen.“
„Ich dich auch,“ meinte Pia ebenfalls liebevoll. Aber hej! Dafür hast du unsere Eltern gesehen! Das ist einfach nur unglaublich!“
Ben lachte „Ja, da hast du recht. So wie es aussieht sind sie im Luft- Reich. Wie auch immer sie dorthin gelangt sind. Vielleicht sollten wir, bei Gelegenheit, mal wieder auf den Meditations- Berg, um die Mutter der Vier Winde um nähere Auskunft zu bitten.“
„Eine gute Idee,“ mischte sich Malek ins Gespräch. „Leider werden wir dazu jedoch vorerst keine Zeit haben. Das Erdreich braucht scheinbar dringend unsere Hilfe und wir müssen den Wasser- Greif finden.“
Er, Lumniuz und Manuel berichteten Ben nun von den jüngsten Ereignissen, bezüglich des Erdreiches. Der blonde Mann hörte ihnen gebannt und ziemlich erschrocken zu. „Es wurde also tatsächlich ein Mordanschlag auf Mungoluz verübt?“ fragte er.
„Ja,“ antwortete der Erdgnom. „Zum Glück war dieser jedoch nicht erfolgreich. Die Erdgnomen aus dem Nordviertel, stehen aber unter dringendem Tatverdacht. Ich wurde deshalb, von einigen meiner Brüder, um Hilfe ersucht. Da ihr ja auch ins Erdreich müsst, können wir gleich zusammen gehen. Ihr könnt euch dann auf die Suche nach diesem… magischen Greif machen und ich schaue mal, wie die Situation in meinem einstigen Heimatreitreich ist.“
„Wir werden dich bei diesem Unterfangen natürlich ebenfalls unterstützen,“ meinte Benjamin. „Bestimmt wirst du um jede Hilfe froh sein. Nach dem Greifen können wir ja dennoch suchen.“
„Das würde mich natürlich sehr freuen,“ erwiderte Lumniuz.
„Wird Manuel hier die Stellung halten, während du weg bist?“ fragte Benjamin. „Nein, so wie es aussieht hat das Göttliche andere Pläne mit ihm,“ erwiderte der Erdgnom ernst. „Aber Hungoloz und Tartaloz haben sich zum Glück bereiterklärt, unsere Pflichten für eine Weile zu übernehmen. „Ihr bleibt also hier!?“ freute sich Pia, an Hungoloz und Tartaloz gewandt.
Hungoloz lächelte sie liebevoll an und streichelte sanft über ihre Wange. „So wie es aussieht, ja. Im Waldreich ist gerade alle friedlich und wie ich bereits Lumniuz mitteilte, vermisse ich das Kristallschloss auch irgendwie.“
„Das freut uns natürlich sehr,“ lachte Ben. Dann wandte er sich an Manuel. „Aber von was für Plänen hat Lumniuz da gesprochen?“
Nun war es an dem 20-jährigen, seine Neuigkeiten zu berichten. Alle lauschten mit offenen Mündern und grossen Augen seinen Ausführungen. „Du wurdest von den vier Greifen also höchstpersönlich aufgesucht und… sozusagen von ihnen zum Fürst der neuen Welt geadelt?“
„Nun ja…,“ Manuel wirkte sichtlich verlegen. „Ich weiss, dass das ziemlich seltsam klingt. Aber… tatsächlich war es so. Da war eine ganze Kampfausrüstung inklusiv Krone, von der die Greife mir sagten, dass sie sie extra für mich hätten anfertigen lassen. Sie sagten mir ausserdem, dass noch grosse Herausforderungen auf mich warten und ich in fünf Tagen bereit sein müsse, für ein ganz besonderes Training. Was auch immer das für ein Training sein mag. Das alles… es ist gerade etwas viel. Eigentlich hatte ich ja gehofft, ich könne hierbleiben und mich, zusammen mit Lumniuz, weiterhin um das Kristallreich kümmern.“
„Das klingt alles sehr spannend,“ meinte Pia. „Eigentlich solltest du dich freuen, dass du für so etwas Wichtiges ausersehen wurdest. Ich wusste immer, dass du etwas Besonderes bist. „Unser Manuel hat eben überhaupt keine Macht- Allüren,“ lachte Ben und klopfte dem 20- jährigen kameradschaftlich auf die Schulter. „Er ist nun mal sehr bescheiden.“
„Nicht nur das, er ist ein sehr liebenswerter, aufopfernder Charakter und hat seine Sache hier wirklich sehr gut gemacht,“ sprach Lumniuz.
„Und all diese besondere Qualitäten haben wohl deutlich dazu beigetragen, dass das Göttliche ihn für solche eine grosse Aufgabe auserwählt hat,“ fügte Malek hinzu. „Der beste Fürst ist stets jener, der gar kein Fürst sein will.“
Manuel seufzte. „Ja, ich will wirklich kein Fürst sein. Es ist mir ehrlich gesagt ein Graus! Ich will doch nur ein einfaches Leben führen, ohne solche gewaltigen Verpflichtungen. Wie nur sollte ich der Fürst der neuen Welt sein! So ein Schwachsinn! Zumal die Monarchie ja sowieso ein Auslaufmodell ist.“ Er wirkte nun richtig verärgert.
„Ich kann dich gut verstehen,“ meinte Pia mitfühlend. „Mir ginge es vermutlich gleich, wie dir. Doch der Grosse Geist macht keinen Fehler. Er wird wissen, warum er ausgerechnet dich dazu auserwählt hat, so wie es Malek vorhin sagte. Ebenso wie wir, wirst du immer mehr in deine Aufgabe hineinwachsen. Darum fürchte dich nicht! Alles wird sich zum Besten wenden, da bin ich sicher!“
Manuel blickte Pia dankbar an und brachte nun sogar wieder ein Lächeln zustande. „Danke für den Zuspruch,“ meinte er und drückte kurz ihre Hand. Ich bin sehr froh, dass es euch gibt.“
„Wir sind auf jeden Fall an deiner Seite, wenn du uns brauchst,“ meinte Benjamin. „Ich hoffe das weisst du?“
„Ja, das weiss ich. Danke auch dir…“