Neue Bündnisse
Der Kampf war lange und anstrengend. Blitze zuckten hin und her, das Tal wurde immer wieder von gewaltigen Beben erschüttert und es gab mehrere Felsstürze. Zum Glück wurde der Stab der Sternenfeen, den Lumniuz noch immer bei sich trug, durch die vielen Gefahren, denen er und seine Leute ausgesetzt waren, dann erneut aktiviert. So kämpften die Gnomen weiterhin im Schutz des Sternenschildes.
Der Greif wehrte jeden Angriff des schwarzen Ritters scheinbar problemlos ab. Er arbeitete vor allem mit den Kräften des Wassers und des Windes. Sturmwellen, Wirbelstürme und Eisspeere, sandte er gegen seinen mächtigen Gegner und bewahrte sich dabei stets eine einzigartige Anmut, welche alle zutiefst beeindruckte.
Die Sonnenfeen waren vor allem in den Kräften des Feuers und des Magmas sehr bewandert. Sie sandten Feuersäulen gegen die Ritter, Wellen aus geschmolzenem Gestein versengten die Bösen.
Malek arbeite vor allem mit den uralten Elementarmächten von Balorion. Da er das Gewand der Klarheit trug, blieb er dabei praktisch unverletzt. Das war bei den Turner Geschwister ebenso. Die beiden ihrerseits, kämpften vor allem mit dem Weissen Diamantdolch, Schwert und Schild, gegen den roten Ritter. Dabei wurden sie weiterhin fleissig von Lumenia und den Gnomen unterstützt.
Irgendwann konnten die Ritter den mannigfaltigen Angriffen nicht mehr standhalten und die beiden ergriffen schliesslich die Flucht, indem sie sich einfach in Luft auflösten.
„Wir haben es geschafft!“ jubelte Pia. „Sie sind weg!“ die anderen stimmten in ihren Jubel ein. Tiefe Erleichterung machte sich breit.
„So schnell werden sich diese Kreaturen nicht mehr hierher wagen!“ rief der Greif triumphierend. „Diesmal haben wir ihnen so richtig zugesetzt.“
„Ich frage mich nur, wo der fahle Ritter abgeblieben ist,“ sprach Benjamin etwas nachdenklich. „Du sagtest doch, dass sie dich zu dritt angegriffen haben.“
„Das stimmt,“ gab das Mischwesen zurück. „Allerdings spüre ich gerade keine weitere Präsenz von solcher Macht in der Umgebung.“
Die Sonnenfeen, die ihren Glanz erneut etwas herabgedimmt hatten, um ihre Mitstreiter nicht zu schaden, gesellten sich nun zu ihnen. Eine jüngere Fee, die den Geschwistern erstaunlich bekannt vorkam, meinte: „Also ich kann ebenfalls keine der finsteren Signaturen mehr wahrnehmen. Die Ritter scheinen tatsächlich fort zu sein.“
„Hiromi besitzt die Gabe der Seelensicht,“ erklärte Solara.
„Hiromi?!“ rief Pia aus und lief zu der jüngeren Sonnenfee hin. „Ich dachte mir doch, dass du mir bekannt vorkommst!“
Hiromi lächelte strahlend und ihre, wie goldene Edelsteine glitzernden Augen, sprühten dabei richtiggehende Funken.
„Ja, ich bin es. Ich habe tatsächlich die Transformation zur Sonnenfee durchlaufen. Das hätte ich selbst nie für möglich gehalten!“
„Hiromi ist die Erste der Höhlenelfen, die ihr altes Erbe wieder in sich erweckt hat,“ meinte Solara. „Sie hat sich ganz allein der Sonnenprüfung gestellt und diese mit Bravour gemeistert.“
„Das ist ja wundervoll!“ rief Pia. „Ich freue mich so sehr für dich, Hiromi! Das ist bestimmt etwas ganz Besonderes für dich.“
„Das kann man wohl sagen,“ gab die einstige Höhlenelfe zurück. „Ich kann es oft selbst nicht recht glauben, wie sehr mein Potenzial seit meiner Verwandlung zugenommen hat. Früher hätte ich niemals etwas gegen diese mächtigen Ritter ausrichten können, aber die gewaltige Sonnenkraft, die ich nun in mir erweckt habe, eröffnet mir unzählige, neue Möglichkeiten.“
„Wo ist eigentlich unsere kleine Schwester Solaria?“ fragte eine andere Sonnenfee. „Wir haben ihren Hilferuf vernommen. Das war ja mit ein Grund, warum wir hierherkamen.“
„Ich habe sie das letzte Mal gesehen, als der rote Ritter sie, nachdem er mich als Geisel genommen hat, an einen dieser Ninja- Gnome weitergegeben hat,“ sprach Pia.
„Dann schauen wir doch mal nach, ob er sich unter den Gefangenen befindet, die wir in der Höhle da hinten festhalten,“ sprach Lumniuz.
Er und seine Freunde, inklusive dem Greif und Hiromi, gingen in die grosse Höhle zurück, wo vor allem die Geschwister und Malek herzlich von Mungoluz und seinen Anhängern empfangen wurden.
„Ihr habt es also tatsächlich geschafft, diese schrecklichen Ritter in die Flucht zu schlagen!“ rief der Älteste „ich bin so froh, dass es euch allen gut geht. Wir haben uns grosse Sorgen gemacht.“
„Wir uns eine Zeit lang auch,“ meinte Ben und umarmte den alten Gnom freundschaftlich. „Zum Glück haben uns aber Malek und der Greif gefunden und dank deiner Leute, der Sonnenfeen und Lumenia, konnten wir die Ritter besiegen.“
„Meint ihr denn sie werden irgendwann wieder kommen?“ fragte Morcheluz, etwas ängstlich.
„Nein, das glaube ich nicht,“ sprach das Mischwesen. „Sie sind nun entlarvt worden. Dennoch… ihre Strategie war diesmal ganz besonders geschickt. Sie haben gesehen, dass die Gnomen aus dem Norden, unzufrieden und unglücklich waren und sie deshalb für ihre Zwecke eingespannt.“
Er wandte sich nun den Nordoks zu, die teilweise immer noch unter Schock standen. Pia verspürte grosses Mitleid, vor allem mit den Priestern und Priesterinnen in den weissbraunen Gewändern. Sie ging zu einer weiblichen Gnomin, die bitterlich weinte und kauerte sich neben ihr nieder. Dabei legte sie ihr die Hand auf die Schulter. „Es tut mir leid, dass ihr etwas so Schlimmes erleben musstet. Ich weiss, dass ihr vor allem Bruder Tag sehr verehrt habt und die Erkenntnis, dass er euch eigentlich nur benutzt hat, um seine Ziele zu verfolgen, ist wahrhaft bitter. Sei deswegen aber nicht allzu traurig. Es wird alles gut werden.“
Die Gnomin hob ihr verweintes Gesicht und sprach: „Ich… dachte wirklich…, Bruder Tag meint es gut mit uns. Ich habe ihm vertraut. Als er dann jedoch zu diesem… schrecklichen roten Ritter wurde, da erkannte ich erst, was hinter seiner schönen Fassade steckte. Dabei war er doch im direkten Kontakt mit der Erdmutter.“
„Das was ihr in jenem Gottesdienst gesehen habt, war nicht die Erdmutter. Es war… eine Illusion, hinter der dunkle Magie steckte. Die Ritter sind Boten der absoluten Bosheit und Finsternis und wie ihr bereits gesehen habt, beherrschen sie unglaubliche Kräfte. Sie haben es geschafft das ganze Tal da draussen und die Höhlen hier, mit einem Zauber zu verhüllen und sie sind auch dazu befähigt die Erdmutter erscheinen zu lassen. Doch glaube mir, wenn ich dir sage, dass die wahre Erdmutter ganz anders ist. Sie ist viel liebevoller und macht keinen Unterschied zwischen den unterschiedlichen Geschöpfen. Für sie sind alle wertvoll und sie liebt alle gleichermassen. Sie liebt auch euch aus tiefstem Herzen und das, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Diese Gewissheit kann ich dir geben, denn wir kennen die Erdmutter persönlich.“
„Ihr kennt sie wirklich persönlich?“ Die Augen der Gnomin wurden gross. „Ja, wir sind ihr einstmals begegnet, als wir im Zwergen Reich waren. Ihr habt doch bestimmt von der ersten weiblichen Zwergin gehört, die vor kurzem geboren wurde. Wir waren dabei, als die Erdmutter dieses Zwergen- Mädchen auf die Welt gebracht hat.“
„Das sind ja unglaubliche Geschichten!“ Mehrere der Gnomen Priester und Priesterinnen blickten Pia nun sehr aufmerksam an. Da sie noch immer gefesselt waren, meinte Pia an Lumniuz gewandt. „Könnt ihr sie nicht losbinden? Sie sollten nicht auf solche Weise gefangen sein. Sie haben schon genug gelitten.“
Lumniuz war jedoch hin und her gerissen. Einerseits sagte ihm sein Herz, dass es nicht in Ordnung war seine Artgenossen auf solche Weise gefangen zu halten, andererseits jedoch, hatten sich besonders die Ninja Gnome als sehr gefährlich erwiesen. Darum sprach er: „Ich habe da noch so meine Bedenken… ihr wisst, was sie uns angetan haben.“
„Das waren aber vor allem diese Ninjas. Die Priester und Priesterinnen haben nie etwas Böses getan.“
Pia wandte sich an der Greifen: „Du und deine Artgenossen vermögen den Geschöpfen doch ins Herz zu blickten. Könntest du das nicht auch bei ihnen hier machen?“
Der Wasser Greif wiegte etwas nachdenklich sein mächtiges Adlerhaupt hin und her, dann sprach er: „Also gut. Das hätte ich sowieso schon bald getan.“
Er musterte nun einen Nordok Gnom nach dem anderen, mit einem durchdringenden Blick seiner scharfen Adleraugen. Den Nordoks war es nicht sonderlich wohl in ihrer Haut, denn sie spürten deutlich, dass sie für das mächtige, blaue Wesen wie ein offenes Buch waren.
Dieses meinte schliesslich: „Die Priester und Priesterinnen könnt ihr von mir aus freilassen. Sie stellen keine nennenswerte Gefahr dar. Auch sie wurden getäuscht und wollten eigentlich nur der Erdmutter dienen. Ihnen kann man höchstens Leichtgläubigkeit und eine ungesunde Kritiklosigkeit vorwerfen. Bei diesen… Ninja Gnomen allerdings, gibt es ein paar, die ihr wohl weiter verwahren müsst, denn sie haben sich einiges zuschulden kommen lassen und ihre Gedanken gefallen mir nicht.“
„Vorerst möchte ich die Ninjas sowieso nicht freilassen, denn sie wissen am ehesten, wo sich Solaria befindet,“ sprach Lumniuz. Er meinte nun an Pia gewandt: „Siehst du den Gnomen irgendwo, der Solaria vorhin an sich genommen hat?“
Die Frau musterte alle anwesenden Gefangenen eingehend. Doch da diese mit ihren einheitlichen schwarzen Kapuzenmänteln und Masken beinahe identisch aussahen, war es wirklich schwer, sie auseinanderzuhalten. Das sagte sie dann auch.
Lumniuz nickte und sprach an die Ninja Gnome gewandt: „Weiss jemand von euch, wo die kleine Sonnenfee ist, die Bruder Tag in diesem magischen Glasbehälter gefangen hielt?“
Die meisten der Angesprochenen schüttelten ihre Köpfe. Einer von ihnen, es handelte sich bei ihm um Ambraluz, meinte dann jedoch: „Ich weiss auf jeden Fall, dass es Impaluz war, der sie an sich genommen hat. Er ist allerdings nicht hier. Vermutlich ist er geflohen.“
„Also gut!“ sprach Morcheluz, „dann machen wir uns jetzt mal auf die Suche nach unserer kleinen Freundin. Wer kommt mit?“
„Ich natürlich!“ sprach Hiromi. „Ich kann dabei nach der Signatur meiner Schwester Ausschau halten.“ Auch Malek und einige weitere der Gnomen, begleiteten Morcheluz und die Fee.
Der Greif blieb jedoch zurück und trat nun etwas näher an den Ninja Gnomen heran, der ihnen den Tipp mit diesem Impaluz gegeben hatte. Noch einmal fixierte er diesen mit seinen Adleraugen. Dann sprach er: „Man nennt dich Arbaniuz habe ich recht?“
Der Gnom schaute das Mischwesen etwas entgeistert an und erwiderte: „Ja, das stimmt. Aber woher weisst du das?“
„Der Greif ist ein mächtiges Wesen, noch viel mächtiger als die Ritter,“ erwiderte Benjamin. „Allerdings dient er, anders als sie, den Mächten des Lichts. Er kann dir tief in deine Seele blicken und du kannst nichts vor ihm verbergen.“
„Das stimmt allerdings,“ pflichtete das Mischwesen Benjamin bei. „Bei dir… bin ich mir allerdings noch nicht ganz sicher, wie ich mit dir verfahren soll. Ich spüre einerseits, dass du dir viele Gedanken machst. Doch andererseits ist deine Treue zu Bruder Nacht bzw. dem schwarzen Ritter, noch immer präsent. Du hast zwar gesehen, wer er wirklich ist und welche Bosheit in ihm schlummert, doch dein Herz will es noch nicht so wirklich glauben. Denn zweifellos haben die beiden Brüder viel für dich und die anderen Nordoks getan. Du bist deshalb hin und her gerissen zwischen deiner Treue den Brüdern bzw. den Rittern gegenüber und dem Bedürfnis einen neuen Weg zu beschreiten; einen Weg, der vielleicht friedvoller und freudvoller wäre. An dieser Stelle lass mich dir versichern, dass der neue Weg eindeutig der Bessere wäre. In dir schlummert ein grosses Potenzial, ein Potenzial, das deinem Volk und allen Geschöpfen des Omniversums einen wertvollen Dienst erweisen könnte. Du solltest dieses Potenzial endlich für das Richtige nutzen und keinen Gedanken mehr an Bruder Tag und Bruder Nacht verschwenden. Denn diese waren nur eine Maskerade der bösen Ritter, um das Volk der Erdgnomen zu entzweien und damit die Welten zu destabilisieren. Denk mal ausführlich darüber nach!“
Arbaniuz senkte seinen Blick, man merkte, dass ein innerer Kampf in ihm wütete. Dieser Kampf fand auch in vielen der anderen Ninja Gnome statt. Die PriesterInnen allerdings schienen sehr beeindruckt und offen für das, was der Greif zu erzählen hatte. Das gewaltige Wesen besass eindeutig sehr viel Macht und seine Ausstrahlung war tatsächlich um einiges angenehmer als jene von Bruder Tag, der manchmal auch sehr jähzornig und ungeduldig gewesen war und keinerlei Fehler oder Versagen geduldet hatte. Ausserdem waren da noch diese strahlenden Sonnenfeen, die ebenfalls gegen die Ritter gekämpft hatten. Diese besassen, wie der Greif, eine sehr hohe Schwingung. Als sie dann auch noch durch Lumniuz, dem Grossen Wissenden von ihren Fesseln befreit wurden, spürte sie, dass dieser und seine Mitstreiter es tatsächlich gut mit ihnen meinten, anders als es Bruder Tag und Bruder Nacht stets behauptet hatten. Dieser Erkenntnisse lösten in ihnen einen wichtigen Prozess aus, der noch einen Einfluss auf das ganze Omniversum haben würde.