Der rote Ritter begann nun mit dröhnender Stimme zu sprechen: „Nun, wie läuft es so beim Waldvolk?“
„Gar nicht übel,“ erwiderte Darkuloz dessen Stimme nun ebenfalls zu einem unheimlichen, selbstgefälligen Dröhnen angeschwollen war. „Diese… naiven Elfen, sind wie Wachs in meinen Händen. Die Seuche, die ich über sie und auch ihre geliebten Bäume brachte, brechen ihren Geist mehr und mehr. So kann ich sie formen und schliesslich aufeinander loslassen. Ich selbst muss dabei kaum etwas tun… Es gibt zwar immer noch einige Rebellen, die sich noch immer zur Wehr setzen, unter anderem Markuloz‘ Sohn und sein Enkel, der sich nun als neuer König des Waldes ausgerufen hat. Doch ich habe sie alle ausser Gefecht gesetzt. Markuloz starb ja an der Seuche und seine nächsten Nachkommen sind, seit heute, meine Gefangenen. Bald werde ich auch ihre Geister gebrochen haben.“
Pia blickte mitfühlend zu Hungoloz herüber. Im Gesicht des blonden Elfen lag massloser Zorn und zugleich Entsetzen und sie spürte, dass er sich am liebsten gleich auf Darkuloz gestürzt hätte. Doch er war klug genug, nichts zu überstürzen. Vor allem so lange noch die anderen beiden Ritter mit im Raum waren.
Der Fahlgewandete liess nun ein kehliges Lachen hören und sprach: „Das klingt doch alles schon mal ganz gut. Was aber ist mit den grossen Führern?“
Pia und Benjamin zuckten unbewusst zusammen, als von nun sogar von ihnen gesprochen wurde.
„Auch sie sind meine Gefangenen,“ erwiderte Darkuloz finster.
„Sei aber vorsichtig mit ihnen,“ mahnte sein fahler Kumpan. „Sie sind gerissen und stark. Man sollte sie nicht unterschätzen.“
„Ach was! Was können die schon ausrichten? Ich habe ihr Gefängnis mit einigen Schutz- und Verstärkungszaubern belegt. Sie haben keine Chance. Es wird mir einen wahre Freude sein, ihnen das Leben Stück für Stück, aus ihrem menschlichen Leib zu saugen. Bald werden sie nur noch Geschichte sein. Ihre Ideale haben sie schlussendlich zu Fall gebracht, wie auch Markuloz und seine Getreuen. Ihn ihrer grenzenlosen Naivität und den Glauben an das Gute in allen Lebewesen, haben sie sich mir aus freien Stücken ausgeliefert. Ihr hättet hören sollen, wie Hungoloz an mein Gewissen appellieren wollte. Einfach nur lächerlich.“
„Er konnte ja nicht wissen, dass Unseresgleichen kein Gewissen besitzen und nie besessen haben!“ spottete diesmal der rote Ritter.
„Genau, und darum werden wir immer stärker sein.“
„Dennoch…“, mahnte der Fahlgewandete „Vorsicht ist vor allem bei den grossen Führern geboten. Sie waren schon oft in ausweglosen Situationen und haben immer eine Lösung gefunden. Ausserdem… sind die Mächte des Lichts…“ er stiess diese Worte beinahe angewidert aus „an ihrer Seite. Das darfst du niemals vergessen! Am besten du tötest sie möglichst schnell, damit sie keinen Ärger mehr machen können.“
„Schnelles Töten bereitet mir wenig Spass,“ meinte Darkuloz enttäuscht.
Der fahle Ritter kniff seine Augen etwas gereizt zusammen und sprach: „Tu besser was ich dir sage. Es ist klüger.“ Es klang mehr wie ein Befehl als ein Ratschlag. So wie es aussah war der fahle Ritter der Mächtigste der drei anwesenden Bösewichte. Pia wurde mit Schrecken immer mehr bewusst, was sie bereits vermutet hatten: Darkuloz musste der schwarze Ritter sein und er hatte tatsächlich die Seuche über die humanoiden Rassen und die Bäume gebracht! Langsam sickerte die wirkliche Tragweite dieser Geschehnisse, in das Bewusstsein der drei Freunde und hinterliess nur noch blankes Entsetzen, das ihre Herzen wie ein Schraubstock zusammenzupressen drohte. Sie mussten alledem endlich ein Ende setzen! Sie mussten den Wald und seine Bewohner, um jeden Preis, aus den Fängen dieses schrecklichen, schwarzen Ritters befreien!
Hungoloz zitterte vor Zorn und Abscheu. Er umfasste den Griff seines Kurz- Schwertes, dass er nun wieder angelegt hatte.
Doch Benjamin gab ihm und Pia ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Etwas abseits der Zelte, flüsterte er: „Wir müssen unseren Angriff auf Darkuloz gut überdenken, damit wir effizient handeln können…“ Ben kramte in seinem Beutel, den er nun wieder bei sich trug und zog den weissen Diamantdolch hervor. „Diese Waffe solltest du, anstelle deines Schwertes, benutzen,“ sprach er an Hungoloz gewandt. „Aurelia die Kristallfrau hat ihn extra für uns angefertigt. Er ist die einzige Waffe, die vielleicht etwas gegen einen der Ritter ausrichten kann und Darkuloz ist zweifellos einer von ihnen. Ausserdem haben wir noch das zu deinem Schutz.“ Er holte einen eher unscheinbaren Holzstab hervor und erklärte: „Dies ist der Stab der Sternenfeen. Sie haben ihn uns bei unserem ersten Besuch im Märchenreich geschenkt. Wenn der Träger dieses Stabes in Gefahr gerät, schiessen tausende von Sternen aus seinem Ende und umhüllen ihn mit einem Schutzschild. Das brauchst du, weil du keine Schutzgewänder trägst, wie es bei uns der Fall ist, denn wir bekamen ja die Gewänder der Klarheit und sind demzufolge unverwundbar.“ Hungoloz nickte zustimmend und nahm die beiden Gegenstände sogleich an sich. Pia ergriff dafür sein Schwert und sprach: „Wir gehen voraus und beschäftigen Darkuloz so gut wir können. Bei der ersten Gelegenheit, stösst du ihm den weissen Diamantdolch mitten ins Herz! Alles klar?“ der blonde Elf nickte grimmig und dann kehrten sie zurück zu Darkuloz' Zelt. Dieser hatte das Gespräch mit seinen finsteren Brüdern wohl gerade beendet und die beiden lösten sich nun wieder in den Flammen der Feuerschale auf. Mit einem letzten, tiefen Atemzug betraten Pia und Benjamin das Zelt...