„Der Mistkerl ist abgehauen!“ ärgerte sich Benjamin. „Dabei hat der Greif ihn beinahe erwischt!“
„Nun,“ beruhigte ihn Malek. „Ich glaube so schnell wird der Fahle Ritter, sich nicht mehr hierherwagen. Ausserdem schien er ziemlich geschwächt zu sein. Gegen den Greif hatte er keine wirkliche Chance.“
„Ein unglaubliches Spektakel!“ rief Zyklopus und hüpfte begeistert, wie ein Kind, auf und ab, sodass der Erdboden unter den Freunden richtiggehend erzitterte. „Schaut nur mal, wie die ehemaligen Xandrax Anhänger dreinschauen. Hoffentlich sehen sie jetzt endlich ein, dass es noch eine viel grössere Macht im Omniversum gibt als ihren falschen Gott!“ Gerade als er das sagte, hallte die laute, vermutlich magisch verstärkte Stimme des Greifs, durch den ganzen Krater: „Und jetzt zu euch ihr Unseligen!“ Er meinte damit die anderen Riesen, die sich bereits in alle Winde verstreut hatten. Der Greif trieb diese nun zurück, wie eine Herde verirrter Schafe, die voller Angst zu dem mächtigen Wesen emporblickten. „Seht euren verderbten Tempel!“ donnerte das Mischwesen. „Er war ein Hort schrecklichen Übels und Boshaftigkeit. Darum liess ich ihn in Flammen aufgehen! Oh ja, seht gut hin! Denn auch ihr werdet meinen Zorn zu spüren bekommen, wenn ihr nicht wieder zur Vernunft kommt! Ihr habt euch irreleiten lassen von diesem falschen Gott, der sich Xandrax nannte. Dabei war dieser ein Abgesandter schrecklicher Finsternis und Verderbtheit. Er war einer der drei apokalyptischen Ritter, die auf die Welt gekommen sind, um überall Unfrieden, Hass und Tod zu säen. Und ihr… seid auf ihn hereingefallen! Allein wegen eurer Eitelkeit! Wegen eurer Überheblichkeit anderen Lebewesen gegenüber! Wie nur konntet ihr so vom richtigen Wege abkommen!“ Die Stimme des Greifs war nun so laut, dass alle darunter erzitterten. Er war wirklich sehr zornig. „Lange habe ich diesem Treiben zugeschaut, euch beobachtet. Stets in der Hoffnung, dass ihr irgendwann wieder umkehren möget. Doch das Gegenteil ist geschehen! Schande, Schande über euch!!“ Mit diesen Worten ging er in den Sturzflug und es sah beinahe so aus, als ob er die versammelten Riesen, sogleich zerfetzen wolle. Diese schrien auf, hoben ihre Arme über ihre Köpfe und einige begannen sogar zu weinen. Ganz nahe über ihnen, so dass sein gewaltiger Körper sie beinahe berührte, hielt der Greif jedoch inne und drehte wieder einige Kreise. Die Riesen, darunter auch der Priester, sassen alle eng zusammengekauert, während der Schatten des gewaltigen Mischwesens auf sie fiel. „B… bitte sei uns gnädig!“ stammelte der Priester und richtete sich vorsichtig und mit erhobenen Armen etwas auf. „Ich soll euch gnädig sein!“ erwiderte der Greif. „Wart ihr den gnädig? Wart ihr gnädig euren Mitgeschöpfen den Zwergen gegenüber?“ „N…nein aber…“ versuchte sich der Priester herauszureden. Doch der Greif schnitt ihm das Wort ab. „Du warst der Schlimmste von allen! Du hast dem Fahlen Ritter geholfen, Zwietracht zu säen. Hast die Zwerge herabgewürdigt, zu niedrigeren Kreaturen. Dabei seid ihr die niedrigen Kreaturen, wenn ihr so etwas tut! Ihr habt zugelassen, dass das Böse, das schon seit Anbeginn eures Daseins, in euch schlummert, endgültig die Überhand gewonnen hat. Wenn ihr jetzt nicht umkehrt, wird euch das einst zum Verhängnis werden. Ihr habt nicht mehr sehr lange Zeit, denn alle Welten werden bald einen Wandel erfahren und dann entscheidet sich, auf welcher Seite ihr schlussendlich stehen werdet!“
„Aber… Xandrax sagte uns, dass wir die Krone seiner Schöpfung sind,“ wagte ein anderer Riese mit stoppligen, wilden Gesichtszügen zu widersprechen und teilweise erhob sich zustimmendes Gemurmel unter den anderen Riesen. Der Greif hielt nun in seinem Flug inne und starrte den Sprecher finster an. „Du denkst also immer noch, dass dieser verderbte Ritter ein Gott ist? Da irrst du dich gewaltig! Er ist das genaue Gegenteil eines Gotts. Er hat euch lauter Lügenmärchen aufgetischt, um euch gegen die Zwerge aufzubringen. Dabei sind weder sie noch ihr von diesem Scheusal erschaffen worden. Oh nein! Ihr alle stammt aus der genau gleichen Quelle. Allerdings haben sich eure Vorfahren einiges mehr verschuldet als jene der Zwerge. Ihr seid einst wie alle Seelen von einem wundervollen, lichten Ort gekommen. Eure Vorfahren jedoch haben sich vom Lichte abgewandt und kamen schliesslich in die irdischen Welten. Sie selbst entschieden sich, den Hohen Himmeln den Rücken zu kehren und wollten ihr eigenes Herrschaftsgebiet aufbauen. Lange haben sie Angst und Schrecken unter den anderen Völkern, die ebenfalls aus verschiedenen Gründen in die irdischen Welten kamen, verbreitet, so wie ihr es jetzt wieder getan habt. So wie ihr es seit Äonen tut. Eure Gier und euer Egoismus haben schliesslich dazu geführt, dass ihr eure einstige Riesen-Heimat wieder verlassen und hierher flüchten musstet. Schon eure Vorfahren haben nicht im Einklang mit der Natur gelebt. Die Zwerge jedoch schon, denn sie gehören, anders als ihr, zu den Naturgeistern und sorgen sich wahrhaft um ihre Heimatwelten. Auch sie haben sich in gewissen Bereichen verschuldet, aber niemals so wie ihr es getan habt. Wie nur konntet ihr so vom richtigen Pfad abkommen!? Wie nur könnte ihr es euch anmassen, euch auf so schändliche Weise über andere Wesen zu erheben!“ Die Stimme des Greifs schwoll nun zu einer Lautstärke an, die allen durch Mark und Bein ging. Doch wieder wagte der stoppelige Riese zu widersprechen: „Woher wissen wir, dass du die Wahrheit sprichst und nicht doch unser Herr Xandrax recht hat?“ Der Greif kreischte wütend auf und landete nun neben den versammelten Riesen.
Er war so gross, dass alle auseinanderstoben und plötzlich nur noch wie kleine Puppen wirkten. Das Mischwesen ging auf den stoppligen Riesen zu und starrte diesen erneut durchdringen an. „Wie verblendet du doch bist! Hättest du dich wahrhaft mit den alten Schriften befasst, dann wüsstest du, dass ich seit Anbeginn aller Zeiten existiere, genauso wie meine drei Geschwister. Wir wurden vom Grossen Geist, der auch euch einst schuf, dazu berufen über die Welten zu wachen. Wir wissen um alle Geheimnisse des Diesseits und des Jenseits. Also spiel dich nicht so auf!"