Die Freunde schrien laut auf und klammerten sich irgendwo fest.
Das Schiff fuhr nun, mit erstaunlich schnellem Tempo, den Lavastrom hinab. Es zischte und dunkler Qualm umgab sie urplötzlich! Der Feuerflusskreuzer wurde unerbittlich hinunter in den Schlund des Vulkans gerissen und hinterliess eine flammende Spur, in der Lava. Diese fauchte und schwappte gegen den Rumpf des Schiffes. Die Freunde fühlten sich wie auf einer, nun vorwiegend in Finsternis gehüllten, Achterbahn. Die Sicht war gleich Null, nur das Glühen des heissen Stromes zu ihren Füssen, erhellte durch seinem bizarren Schein, die Umgebung. Es musste ungeheuerlich heiss sein, das spürten die Freunde trotz der Gewänder und je tiefer sie kamen, umso heisser wurde es.
„Oh ihr gütigen Geister!“ betete Pia „bitte lasst es bald vorbeisein!“
Nach einem endlos scheinenden Fall in die Tiefe, landete der Feuerflusskreuzer schliesslich in einem mächtigen See, randvoll mit feuriger Lava. Diese spritzte nach allen Seiten hoch und die Passagiere wurden arg durchgeschüttelt.
Sie fürchteten einen Moment lang, das Schiff würde unter der Wucht des Aufpralles auseinanderbrechen, doch nichts dergleichen geschah. Zwar trafen sie einige Spritzer der glühenden Lava, doch diese perlten einfach von ihnen ab. Die Gewänder erfüllten einmal mehr ihren Zweck.
„Es funktioniert!“ rief Manuel und wandte sich dann an Micha, welcher ziemlich bleich aussah. „Ist das nicht grossartig?“
Etwas verhalten nickte der Angesprochene, er musste sich zuerst von der Odyssey, die sie gerade hinter sich hatten, erholen.
Die Gefährten blickten sich um. Der Lava- See befand sich in einer ziemlich grossen Grotte. Er brodelte und schwappte, gegen ein bereits erstarrtes Ufer. Der Qualm verzog sich langsam und dann erst, wurde die wilde Schönheit dieses Ortes sichtbar. „Unglaublich! Wir sind tatsächlich im Inneren eines Vulkanes!“ rief Benjamin. „Es ist malerisch schön! Schaut nur diese verschiedenen Rottöne und das glühende Leuchten, dass die Felswände zum Strahlen bringt! So etwas hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht auszumalen vermocht.“
Wassilio lächelte wohlwollend. „Ja, es ist ein wundervolles Reich, nicht wahr?“
„In einer anderen Situation wäre es mir bedrohlich erschienen,“ sprach Pia „aber jetzt, da ich die Gewänder der Klarheit trage, kann ich es anders betrachten, sogar geniessen. Es ist wirklich wunderschön! Wie geht es jetzt weiter?“
„Einige weitere Ströme zweigen von diesem See hier ab. Um die Feuerblumen zu finden, müssen wir noch weiter hinein.“
„Noch weiter hinein?“ fragte Micha „geht das überhaupt?“
„Ja, hier unten gibt es ein ganzes Labyrinth von Strömen, wir müssen einfach den richtigen Abzweiger finden. Ich glaube, er ist dort drüben. Vorerst können wir das Schiff noch weiter benutzen, aber irgendwann werden einige der Gänge zu schmal und wir müssen vielleicht zu Fuss weiter.“
„Zu Fuss?“ fragte Ben erschrocken.
„Richtig, aber das geht schon. Ihr habt schliesslich den Feuerkönig an eurer Seite. Wenn nötig werden uns die Salamander den Weg frei machen.“
Die Gefährten nickten erleichtert und der Kreuzer bog in einen der vielen Abzweiger ein, welche vom See wegführten.
„Das hier sollte die richtige Richtung sein,“ sprach Wassilio.
Der Weg durch das erstaunlich vernetzte Vulkanlabyrinth, hatte etwas Unwirkliches an sich. Überall glühte die Lava und ihr Schein warf die gespenstischen Schatten der Reisenden auf die Felswände. Nur Wassilio besass keinen Schatten, was ziemlich seltsam anmutete. Vermutlich war das, weil sein Körper selbst, reines Feuer war.
Die Gegenströmung war nun nicht mehr so stark und groteske Felsgebilde säumten teilweise die schwarzen Ufer. Die Lava war in stetiger Bewegung, manchmal gab es kleine Eruptionen und eine Feuersalve schoss in die Höhe. Je länger die Freunde fuhren, umso mehr der kleinen, flammenartigen Feuergeister, erblickten sie. Es schien beinahe so, als hätten diese sich sichtbar gemacht, um ihren König zu ehren. Ihre neugierigen Augen folgten ihnen.
Wie immer, waren die Salamander in ständiger Bewegung. Sie spielten im Feuer und in der Lava und hatten einen Heidenspass daran, wenn sie mit einer ihrer Mini- Eruptionen, die Fremdlinge auf dem Feuerflusskreuzer erschrecken konnten. Die Felswände, an welchen die Freunde nun vorbeifuhren, sahen jetzt ganz anders aus, als die Wände bisher. Sie waren glatter und funkelten, wie mit tausenden von Rubinen bestückt. Einige der Salamander bauten diese eifrig ab und legten die funkelnden Klumpen in ein korbähnliches Gebilde, das dann von anderen Feuergeistern, weggetragen wurde.
„Das ist eine besondere Art von Quarz, den es nur in unserer Welt gibt,“ erklärte der Feuerkönig.
„Wir verwenden ihn für viele, verschiedene Dinge. Es ist sehr widerstandsfähig und langlebig. Ausserdem sieht er schön aus.“
„Das ist wahr!“ sprach Pia und betrachtete fasziniert die emsigen Feuergeister. „Die Szenerie erinnert mich irgendwie etwas an die Höhlenelfen, welche wir einstmals im Erdreich sahen. Sie bauten dort auch eine ganz spezielle Gesteinsart ab, welche sie für den Bau ihrer Häuser usw. verwendeten.“
Der Feuerkönig nickte: „Ja, davon habe ich schon mal gehört. Man sagt sogar, die Höhlenelfen seien mit den Sonnenfeen verwandt. Wusstet ihr das?“ „Ja, ein Freund hat uns mal etwas darüber erzählt.“ „Dann kennt ihr vermutlich die Legende vom Fall der Höhlenelfen?“
„Ja. Eine traurige Geschichte.“
Grosse Statuen standen entlang des Ufers, mit Sonnenkronen und reichen Gewändern geschmückt. Sie waren so liebevoll angefertigt, dass man sie fast für lebendig halten konnte. „Das sind die Töchter der Sonne,“ erklärte Lumniuz ehrfürchtig. „Die alten Legenden der Höhlenelfen besagen, dass auch sie einst zu ihnen gehörten. Doch dann entbrannte ein Streit unter dem Sonnenvolk. Einige von ihnen, die sich gegen die ewig Ordnung auflehnten, mussten ihre einstige Heimat verlassen. Fortan sollte das Sonnenlicht tödlich für sie sein. Seit Jahrtausenden leben diese Geschöpfe nun hier, Nachfahren der Abtrünnigen. Doch sie begannen sich wieder ihrer Herkunft zu erinnern und diese zu ehren. Darum fertigten sie diese Statuen der Sonnentöchter an. Sie sind zugleich Mahnmal und Hoffnungsträger.
Ganz in Erinnerungen versunken meinte Pia: „Wer weiss, vielleicht wird sich auch für die Höhlenelfen bald etwas ändern, wenn die Welten des Omniversums einen Wandel erfahren.“ Wassilio nickte und sprach: „Ich würde es ihnen gönnen.“
Als sie eine Weile gefahren waren, meinte Wassilio auf einmal: „Ich würde da drüben gerne mal anlegen. Ich hoffe ihr habt nichts dagegen?“
„Kann man hier schon einige der Feuerblumen finden?“ fragte Benjamin.
„Vermutlich noch nicht, aber ihr könnt ja mal nach ihnen Ausschau halten. Ich werde nur kurz mit den Salamandern dort hinten sprechen.“
Der Feuerkönig lenkte das Schiff ans Ufer und sprang aus dem Schiff. Seine Begleiter folgten ihm neugierig. Wassilio ging auf einige der Salamander zu, welche hier arbeiteten. Als diese ihn sahen, hielten sie in ihrem Tagewerk inne und neigten kurz ihre, mit Flammenkronen geschmückten Häupter.
„Na wie geht es euch denn heute so?“ fragte der König, in kollegialem Tonfall.
„Wir tun was wir können,“ erwiderten die Feuergeister „aber wir kommen nicht so wirklich vorwärts. Valiocha hat sich schon zu viele von uns geholt. Wir müssen unbedingt etwas gegen ihn unternehmen, mein König!“
„Ja, ich weiss, darum habe ich auch Hilfe mitgebracht.“ Wassilio deutete auf seine Begleiter. Die Feuergeister musterten diese neugierig und sprachen: „Sie sind anders als wir.“
„Ja, drei von ihnen sind Menschen. Das da,“ er deutet auf die Turner Geschwister „sind die Grossen Führer. Wenn jemand uns helfen kann, dann sie.“