Die vier Freunde waren den ganzen Tag unterwegs. Als es langsam zu dämmern begann und die Sonne kurz vor dem Untergehen stand, beschlossen sie, die Nacht im Freien zu verbringen. Sie suchten Schutz in einem kleinen Waldstück, das von einem sanft plätschernden Bach durchflossen wurde. Im Windschatten einiger Farne und Büsche schlugen sie ihr Lager auf.
Am nächsten Morgen setzten sie ihren Weg wohlgemut fort. Die Geschwister merkten, dass Lumniuz immer augelassener wurde, je näher sie seiner einstigen Heimat kamen. Er wirkte schon beinah wieder so munter, wie damals, als sie in kennengelernt hatten.
Das Kristallgebirge rückte näher und näher, seine in allen Farben schillernden Berg- und Hügelzüge, schillerten dabei in allen Regenbogenfarben. Dazwischen gab es saftiggrüne Wiesen und Auen, mit bunten Blumen, die vor Leben nur so schwirrten. „Es ist einfach so schön hier!“ seufzte Lumniuz. „Da werden alte Erinnerungen wach.“
„Der Eingang zur Grotte des geheimnisvollen, blauen Kristalls, sollte gleich dort hinten sein,“ sprach Benjamin. „Aurelia meinte, dass wir diesen nun jederzeit benutzen können, wenn wir wollen.“
„Das ist natürlich eine sehr nützliche Einrichtung. Sonst öffnet sich dieser Zugang ja nur alle drei Jahre. Erinnert ihr euch noch an unsere erste, gemeinsame Reise?“
„Natürlich,“ erwiderte Pia enthusiastisch. „Damals da wussten wir noch kaum etwas von all den Wundern, die es im Omniversum gibt. Du hast uns so viel beigebracht und die Erlebnisse, die wir auf jener Reise hatten, haben sich tief in unsere Seelen eingebrannt. Du warst ein sehr wichtiger Begleiter für uns Lumniuz und ich finde es wundervoll, dass wir nun, nach so vielen Jahren, wieder zusammen unterwegs sind.“
„Ja, das finde ich auch,“ pflichtete ihr Benjamin bei. „Und diesmal sogar mit Malek als Freund an unserer Seite.“ Er blickte zu dem Magier herüber und klopfte ihm kurz auf die Schulter.
„Ja,“ gab dieser etwas bekümmert zurück. „Ich habe euch damals das Leben wirklich schwer gemacht. Ich liess eine Tropfsteingrotte über euch einstürzen und später habe ich euch meinen boshaften Diener Rachos und die Schwarzen Druiden auf den Hals gehetzt. Ich habe so vieles falsch gemacht.“
„Aber das alles ist doch schon lange Vergangenheit,“ sprach Benjamin. „Mach dir deswegen keine Vorwürfe mehr. Ich finde es einfach so schön, dass du nun ebenfalls an unserer Seite bist.“
„Ja, Malek hat die letzten Jahre viel für uns alle getan,“ stimmte Lumniuz zu. „Auch dank ihm, haben Hungoloz und ich nach Ululalas Tod, unsere Pflichten im Kristallreich so gut bewältigen können…“
Er unterbrach sich und rief: „Hey, da drüben ist der Eingang zur Kristallgrotte. Mal sehen, ob wir sie wirklich so einfach durchqueren können.“
Die verschnellerten ihren Schritt und standen kurz darauf vor der gut versteckten Pforte. Benjamin streckte seine Hand aus und legte sie auf die Pforte. In diesem Augenblick leuchtete diese kurz in einem blauen Licht auf und einige Runen erschienen an ihren Rändern. Lumniuz der Runen lesen konnte, meinte: „Da steht: „Tritt ein! Versuch mal etwas dagegen zu stossen Benjamin!“
Der blonde Mann tat wie ihm geheissen und tatsächlich schwang die Pforte gleich darauf zurück. Vor ihnen tauchte eine dunkle, ziemlich steile Treppe auf. „Es hat geklappt!“ freute sich Pia und folgte ihrem Bruder dicht auf den Fuss. Hinter ihr folgten Malek und Lumniuz. Der Abstieg dauerte nicht lange und schon bald leuchtete ihnen ein bläuliches Licht entgegen. „Das muss das Licht des Kristalls sein!“ rief diesmal Lumniuz. „Wie lange war ich schon nicht mehr hier! Es scheint mir eine Ewigkeit her zu sein!“
Sie hatten nun das Ende der Steintreppe erreicht und fanden sich wieder in einer malerischen Grotte, die von einer Öffnung in der Decke erhellt wurde. Am Rande eines kleinen Teiches funkelte der geheimnisvolle, blaue Kristall!
Der Erdgnom trat ehrfürchtig an diesen heran und legte seine Handflächen und seine Wange an den kühlen Edelstein. Das blaue Licht, welches von diesem ausging, spiegelte sich auf seinem Gesicht und in seinen strahlenden Augen wieder.
„Ich bin wieder hier! Ich bin tatsächlich wieder hier. Ich habe ganz vergessen, wie schön er ist!“ Er sprach einige leise Worte, die wie eine Begrüssung klangen und tatsächlich leuchtete der Kristall kurz auf, als würde er dem Gnomen antworten.
Bewegt schauten Pia, Benjamin und Malek diesem Schauspiel zu. „Es scheint fast so, als würde Aurelia dich wiedererkennen.“
„Das kann gut sein,“ erwiderte Lumniuz. „Schliesslich gehören die
Stein- Devas, so wie ich, dem Reich der Erde an. Das verbindet uns.“
„Bei uns hat es letztes Mal ewig gedauert, bis Aurelia überhaupt auf uns reagiert hat,“ lachte Ben.
„Stein- Devas zeigen sich normalerweise auch nicht gerne. Wenn sie es dann doch tun, kann man sich glücklich schätzen. Ich denke, wir sollten Aurelia deshalb auch nicht weiter stören. Da drüben müsste ein kleines Boot liegen, das wir benutzen können. Kommt!“ sie gingen halb um den Weiher herum und kamen zu einem weiteren Durchgang.
Lumniuz wollte eine Fackel hervor holen, doch Pia meinte: „Ich glaube, wir brauchen diesmal keine Fackel. Wir haben das hier!“ Sie fasste in ihren Beutel und holte eine etwa pflaumengrosse Kugel hervor, welche in ihrem Kern eigentümlich glimmte.
„Was ist das?“ fragte der Erdgnom neugierig.
„Diese Kugel, wird von einer kleinen Sonnenfee, namens Solaria bewohnt,“ erklärte Pia ihm. „Wir haben sie einst von einer mächtige Sonnenfee im Reich des Feuers erhalten. Wenn sie aktiviert wird, kann ihr Schein die dunkelsten Winkel erhellen und ausserdem vertreibt sie alle bösen Wesen, die sich gerne in den Schatten verstecken.
„Beeindruckend,“ sprach Lumniuz. „Dann lasst mal sehen!“
Benjamin nahm die Kugel etwas nervös in die Hand, denn er hatte das Geschenk der Sonnenfee bisher noch nie benutzt. Dann sprach er laut: „Solaria, Licht der Sonne erschein, erhelle den Weg für Gross und Klein!“
In diesem Augenblick begann die Kugel hell zu strahlen und schwebte aus Benjamins Händen. Direkt über den Freunden, blieb sie in der Luft stehen. Sogleich wurde alles um sie herum, von der kleinen Sonne erhellt.
„Wow!“ rief Pia. „Das ist ja mal ein Schauspiel!“
„Allerdings,“ sprach der Erdgnom. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“
„Wir auch nicht,“ lachte Malek. „Schaut, dort drüben liegt das Boot, gleich am Ufer des Bachlaufes, der aus der Kristallgrotte herausführt. Bringen wir es zu Wasser!“ Mit vereinten Kräften trugen sie das Ruderboot zu dem Fliessgewässer und stiegen dann ein. „Diesmal fahren wir stromaufwärts,“ sprach Lumniuz und nahm die beiden Ruder zur Hand. Dann stiessen sie sich vom Ufer ab und fuhren los.