Geier gehören zu den wenigen Tieren, welche selbst stark verwestes Aas fressen können. Ein Löwe beispielsweise würde bei dem Verzehr eines stark verwesten Kadavers sterben, für den Geier ist das aber gerade well done.
Um zu verstehen, warum ein Geier eine solche Mahlzeit überleben kann, muss man sich bewusst werden, dass der Geier (meist sind es mehrere) sich nicht alleine am Kadaver zu schaffen machen. Den innerhalb des Kadavers zersetzen aber Millionen Bakterien das Fleisch und die Körpersäfte, giftige Abfallprodukte entstehen und deshalb stinkt der Spaß auch gewaltig zum Himmel. Mit jedem Bissen eines solches Kadavers nehmen Geier also eine große Portion Toxine und Krankheitserreger in sich auf. So geraten sie zum Beispiel häufiger mit Anthrax in Berührung, dem Gift des Milzbanderträgers und vertragen es ganz ohne Probleme.
Doch warum ist das so?
Genau diese Frage stellte sich ein dänisches Forscherteam und untersuchte dazu die Bakterien von 50 Truthahngeiern (Cathartes aura) und stellten fest, dass auf der Kopfhaut, also jener Stelle des Geiers welches als erstes mit einem Kadaver in Kontakt gerät, 528 verschiedene Arten von Bakterien zu finden sind. Im Darm waren es nur noch 76. Das sind nur noch 14 Prozent der ursprünglichen Keime. Ein drastischer Rückgang und offenbar der Grund warum Geier stark verwestes Aas fressen können. Denn im Verdauungssystem der Geier, insbesondere im Magen, herrschen so extreme saure Bedingungen, dass das Aas, nachdem es den Magen passiert hat, fast komplett sterilisiert wird. Nur Bakterien, die an solchen Extrembedingungen angepasst sind können überhaupt in den Darm gelangen.
Doch das sind Bakterien, wie die Fusobakterien und Clostridien, also gerade die Bakterien, welche andere Tiere krank machen würde (wenn nicht sogar töten), wenn sie Aas verzehren. Geier haben über die Zeit eine Immunität oder besser gesagt eine Resistenz, gegenüber deren Gift entwickelt und nutzen diese Fleisch-zersetzenden Bakterien als Verdauungshelfer.
Auch für die Bakterien ist diese Nutzung von Vorteil, in der geschützten Umgebung des Geierdarms werden sie regelmäßig mit neuem Fleisch versorgt.
Quellen
- Cota-Larson, Rhishja. "16 Things You May Not Know about Vultures." Annamiticus. August 27, 2012.&n http://annamiticus.com/2012/08/27/16-things-you-might-not-know-about-vultures/ Abgerufen am 30.03.2021
- Michael Roggenbuck (University of Copenhagen) et al., Nature Communications, 5, Article number: 5498 (2014) https://www.nature.com/articles/ncomms6498 Abgerufen am 30.03.2021