Der Hoatzin (Opisthocomus hoazin) unterscheidet sich von allen anderen Vögeln unter anderem durch sein an Wiederkäuer erinnerndes Verdauungssystem. Die Verdauung des Hoatzins findet nicht im Magen statt, sondern im Kropf und in der unteren Speiseröhre, dem sogenannten Voderdarm. Dieser Bereich ist so voluminös, dass er den Magen um ein Fünfzigfaches an Größe übertrifft. Durch diese anatomische Besonderheit und einer schwach ausgeprägten Flugmuskulatur ist der Hoatzin ein eher schlechter Flieger.
Der Voderdarm ist mit kräftigen Muskeln ausgestattet. Das allein aber reicht für die Zersetzung der Pflanzenmaterialien nicht, der Hoatzin besitzt hierfür eine spezielle Bakterienflora, welche sehr effizient agiert. Dabei werden nicht nur die Pflanzenmaterialien zersetzt, sondern auch etwaige Gifte der aufgenommenen Nahrung unschädlich gemacht. Für die Verdauung benötigt ein Hoatzin 24 bis 48 Stunden, damit benötigt er mehr Zeit zum Verdauen als jeder andere Vogel. Aufgrund dieser langen Verdauungszeit kommt es beim Hoatzin auch zu einer geruchlichen Entwicklung, von der sich der Name Stinkvogel ableitet, da das Tier nach Kuhdung riechen soll. Allerdings gilt diese Besonderheit nur für Vögel aus Guayana, was vermutlich mit der dortigen Nahrung zu tun hat.
Quellen
- Bernhard Grzimek (Hrsg.): Grzimeks Tierleben, Band 7/8: Vögel 1/2. dtv-Verlag, 1979
- Josep del Hoyo et al.: Handbook of the Birds of the World. Band 3: Hoatzins to Auks. Lynx Edicions, 1996, ISBN 84-87334-20-2
- Wright, A.-D. G.; Northwood, K. S.; Obispo, N. E. (2009). "Rumen-like methanogens identified from the crop of the folivorous South American bird, the hoatzin (Opisthocomus hoazin)". The ISME Journal. 3 (10): 1120–1126. https://www.nature.com/articles/ismej200941 Abgerufen am 18.05.2021
- Godoy-Vitorino, F.; Goldfarb, K. C.; Karaoz, U.; et al. (2011). "Comparative analyses of foregut and hindgut bacterial communities in hoatzins and cows". The ISME Journal. 6 (3): 531–541. https://www.nature.com/articles/ismej2011131 Abgerufen am 18.05.2021