Der Hai-Arm-Fall (englisch: The Shark Arm Case) bezieht sich auf einen Mordfall aus dem Jahre 1935 in Sydney, Australien. Bei diesem Fall wurde von einem Fischer ein 3,5 Meter langer Tigerhai (Galeocerdo cuvier) gefangen und in das Coogee Aquarium Bath gebracht.
Dort wurde der Hai innerhalb einer Woche sehr krank und erbrach, am 25. April, vor der Menge der Besucher einen menschlichen Arm. Bevor der Tigerhai gefangen wurde, hatte er einen kleineren Hai verschlungen. Es war dieser kleinere Hai, der ursprünglich den menschlichen Arm verschluckt hatte.
Ein Hai-Experte stellte fest, dass der Arm nicht von einem Hai abgebissen wurde, sondern tatsächlich mit einem Messer abgetrennt worden seien musste. Anhand der Tätowierungen, die zwei Boxer darstellten, stellte sich heraus, dass es sich um den ehemaligen Boxer und Kleinkriminellen James Smith handelte, der seit dem 7. April verschwunden war. Ein Verfahren wegen Mordes eingeleitet wurde, um den Ermittlern bei der Arbeit zu helfen, wurde leider der Hai drei Tage später von den Aquarienbesitzern getötet, um dessen Eingeweide zu untersuchen, was die ersten polizeilichen Ermittlungen behinderte. Der getötete Smith war zudem Informant der Polizei.
Frühe Ermittlungen ergaben, dass sich Smith mit einem Geschäftsmann aus Sydney namens Reginald William Lloyd Holmes (1892–1935) häufiger getroffen hatte. Holmes war ein Betrüger und Schmuggler, der auch ein erfolgreiches Familienbootbauunternehmen in Lavender Bay leitete. Holmes hatte Smith mehrere Male damit beauftragt, Versicherungsbetrügereien aufzudecken, darunter auch einen im Jahr 1934, bei dem ein überversichertes Vergnügungsschiff namens Pathfinder in der Nähe von Terrigal versenkt wurde.
Bald darauf begann das Paar kriminelle Aktivitäten mit Patrick Francis Brady (1889–1965), einem ehemaligen Soldaten und verurteilten Fälscher.
Mit vom Bootsbauer bereitgestellten Unterschriftsproben von Holmes‘ Freunden und Kunden fälschte Brady Schecks über kleine Beträge auf deren Bankkonten, die er und Smith dann einlösten.
Dieses Wissen nutzte Smith, um Holmes zu erpressen.
Smith wurde zuletzt am 7. April 1935 im Cecil Hotel im südlichen Sydneyer Vorort Cronulla mit Patrick Francis Brady beim Trinken und Kartenspielen gesehen, nachdem er seiner Frau erzählt hatte, dass er angeln gehen würde. Brady hatte zu der Zeit, als Smith vermisst wurde, ein kleines Häuschen in der Taloombi Street in Cronulla gemietet. Es wird von der Polizei angenommen, dass Smith in diesem Cottage ermordet wurde.
Port Hacking und Gunnamatta Bay wurden von der Marine und der Luftwaffe durchsucht, der Rest von Smiths Leiche wurde jedoch nie gefunden. Weitere Teile der Leiche konnten nicht gefunden werden.
Brady wurde am 16. Mai verhaftet und wegen Mordes an Smith angeklagt. Ein Taxifahrer sagte aus, dass er Brady an dem Tag, an dem Smith verschwunden war, von Cronulla zu Holmes‘ Adresse in der 3 Bay View Street, McMahons Point gebracht hatte und Brady zerzaust und verängstigt ausgesehen habe.
Zunächst bestritt Holmes jede Verbindung zu Brady, doch vier Tage später, am 20. Mai 1935, ging der Geschäftsmann in seinen Bootsschuppen und versuchte Selbstmord, indem er sich mit einer Pistole vom Kaliber .32 in den Kopf schoss. Allerdings traf er dabei den Stirnknochen und der Tötungsversuch wurde zum Streifschuss, der ihn einen Moment bewusstlos machte. Er stürzte daraufhin ins Wasser und kam wieder zu Sinnen. Von dort aus eilte er in sein Schnellboot und führte mit zwei Polizeibooten etwa vier Stunden lang eine Verfolgungsjagd rund um den Hafen von Sydney. Bis er schließlich gefasst und ins Krankenhaus gebracht wurde.
Anfang Juni 1935 beschloss Holmes, bei der Untersuchung des Mordes an Smith mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Er erzählte Detective Sergeant Frank Matthews, dass Brady Smith getötet, seinen Körper zerstückelt und in einem Koffer verstaut hatte, den er dann in die Gunnamatta Bay geworfen hatte. Weiter behauptete Holmes, Brady sei zu ihm nach Hause gekommen, habe ihm den abgetrennten Arm gezeigt und Holmes mit Mord gedroht, wenn er nicht sofort 500 Pfund erhalten würde. Holmes gab auch zu, dass Brady, nachdem er sein Zuhause verlassen hatte, in den Küstenvorort Maroubra in Sydney reiste und Smiths Arm in die Brandung warf.
Am 11. Juni 1935 hob Holmes 500 Pfund von seinem Konto ab, verließ am späten Abend das Haus und teilte seiner Frau mit, dass er sich mit jemandem treffen müsse. Diese brachte ihn zur Tür seiner Nash-Limousine, er zeigte sich nervös und ungemein vorsichtig.
Früh am nächsten Morgen, dem 12. Juni 1935, wurde Holmes tot in seinem Auto in der Hickson Road in Dawes Point aufgefunden. Er war mit drei Schüssen aus nächster Nähe erschossen worden. Am Tatort wurde der Eindruck erweckt, dass Holmes Selbstmord begangen haben könnte, aber die forensische Untersuchung der Polizei hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass auch Holmes ermordet wurde. Zufälligerweise an dem Tag, wo er vor Gericht wegen Smiths gefundenen Arm aussagen sollte.
Obwohl Holmes der Hauptzeuge der Untersuchung war, wurde ihm nie Polizeischutz angeboten, bevor seine Aussage gehört werden konnte. Da auch nie die restlichen Teile des Körpers gefunden wurden, behauptete der
Anwalt von Brady, Clive Evatt KC (1900–1984), gegenüber dem Gerichtsmediziner, dass es nicht genügend Substanz gebe, um mit der Untersuchung zu beginnen. Da, so Evatt, ein Arm, keinen Körper darstelle und dass Smith ohne seinen Arm noch am Leben sein könnte. Mangels Beweise wurde Brady freigesprochen.
Während der nächsten 30 Jahre behauptete Brady, er sei in keiner Weise an der Ermordung von Smith beteiligt gewesen. Er starb am 18. April 1965 im Alter von 76 Jahren im Concord Repatriation General Hospital in Sydney.
In dem Buch The Shark Arm Murders spekuliert Alex Castles, dass Smith von Brady auf Befehl des Gangsters Edward Frederick ("Eddie") Weyman getötet wurde, der 1934 verhaftet wurde, als er versuchte, eine Bank mit einem gefälschten Scheck zu betrügen und später während eines Banküberfalles, offenbar aufgrund von Informationen, die Smith der Polizei gegeben hatte.
Smith, so Castles, war damit Weyman als Polizeiinformant bekannt und wurde deswegen getötet.
Der Fall ist immer noch ungelöst.
Quellen
- Vince Kelly. The Shark Arm Case. Angus & Robertson, Australia. 1963 & 1975 ISBN 0207132127.
- Lesley Zuber: The shark arm case. In: Classic Australian stories. Nelson, West Melbourne 1980, ISBN 0-17-005735-6.
- Alex Castles: The Shark Arm Murders. Wakefield Press, Kent Town, S.A. 1995, ISBN 1-86254-335-6.
- Vince Kelly: The Shark Arm Case. In: Alan Whiticker (Hrsg.): Twelve crimes that shocked the nation. New Holland, Frenchs Forest, N.S.W. 2005, ISBN 1-74110-110-7.
- "What Sick Shark Revealed: Murder". Sydney Truth. 5 May 1935. https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/169353866 Abgerufen am 10.05.2024
- "The Shark Arm Case "Dimensions in Time" Transcript". Australian Broadcasting Corporation. Archived from the original on 15 June 2002. https://web.archive.org/web/20020615093801if_/http://www.abc.net.au/dimensions/dimensions_in_time/Transcripts/s546563.htm Abgerufen am 10.05.2024
- MURDERED IN CAR - Principal Witness in Aquarium Mystery Inquest Sydney Morning Herald 12 June 1935 page 13
- Death Notice : Reginald William Lloyd Holmes Sydney Morning Herald 14 June 1935 page 10
- "NZEDGE Legends — Sydney Smith, Forensic Expert — Scientists". NZEDGE. 25 June 2007. Retrieved 6 December 2019. https://www.nzedge.com/legends/sydney-smith/ Abgerufen am 10.05.2024
- Cunneen, Chris; McLaughlin, John Kennedy, "Evatt, Clive Raleigh (1900–1984)", Australian Dictionary of Biography, National Centre of Biography, Australian National University, https://adb.anu.edu.au/biography/evatt-clive-raleigh-12468 Abgerufen am 10.05.2024
- Proceedings Challenged by Mr Evatt Sydney Morning Herald 13 June 1935 page 11
- Mrs. Holmes's Evidence. Dreadful Allegations Sydney Morning Herald 15 June 1935 page 1)
- Quarter Sessions Court. Weyman 'Bound over Sydney Morning Herald 11 July 1934 page 10
- MURDER CHARGE in Crown Case. Trial of PATRICK BRADY Sydney Morning Herald 11 September 1935 page 10
- Death Notice Sydney Morning Herald 19 April 1965
- Peter Luck. A Time to Remember. Mandarin Press, Australia, 1991. ISBN 1863300902.