Neotenie oder Neotänie bezeichnet in der Zoologie den Eintritt der Geschlechtsreife im Larvenzustand ohne Metamorphose, z. B. bei Schwanzlurchen (Caudata). Das wohl bekannteste Beispiel für dieses Phänomen ist der Axolotl (Ambystoma mexicanum). Dieser wird im späten Larvenstadium (mit entwickelten Beinen, aber noch Kiemen tragend) geschlechtsreif und vollführt im Normalfall nicht die Metamorphose zum eigentlichen adulten Zustand.
Physiologisch wird die Neotenie durch eine Unterfunktion der Schilddrüse ausgelöst, die genetisch bedingt eine zu geringe Menge an Reifungshormonen herstellt, oder aber durch einen starken Mangel an mineralischem Jod im Wasser - im Fall des Axolotls ist beides der Fall.
Füttert man Axolotl mit Reifungshormonen, reifen sie zu erwachsenen Tieren heran und begeben sich, wie die nahe verwandten Tigersalamander (Ambystoma tigrinum), an Land. Das geht in seltenen Fällen auch ohne künstliche Zugabe von Hormonen, sondern durch veränderte Lebensbedingungen.
Denn die Neotenie entwickelte sich bei Axolotl und anderen Schwanzlurcharten meist daher heraus, dass ihre Larvengewässer nicht austrocknen und es ihnen keinen evolutionären Vorteil bringt an Land zu gehen, weil dort beispielsweise weniger Nahrung und/oder mehr Fressfeinde vorzufinden sind.
Ein weiteres Beispiel für die Neotenie ist der Grottenolm (Proteus anguinus)
Quellen
- Benjamin A. Pierce, Hobart M. Smith: Neoteny or Paedogenesis? In: Journal of Herpetology. Band 13, Nummer 1, 1979. S. 119–121.
- Richard Hemmer, Daniel Meßner: Kleine Geschichte einer Frau, die Axolotl und die Zoologie verwandelte. Spektrum.de, 2. Juni 2021 https://www.spektrum.de/kolumne/hemmer-und-messner-erzaehlen-vom-axolotl-und-experimenteller-zoologie/1880458 Abgerufen am 3.05.2023
- John Corbon: Das große Buch der Amphibien. Bede, Ruhmannsfelden 1996, ISBN 978-3-931792-00-8.
- Andreas Nöllert, Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992, ISBN 3-440-06340-2.