Wissenschaftler spekulieren seit langem über die biologische Funktion des Stoßzahns des Narwals (Monodon monoceros).
So stand im Raum, dass der Zahn zum Durchbrechen von Eisdecken diene, ein Aufspießer für Fische sei oder zum Durchwühlen des Meeresbodens gedacht sei. Andere Thesen betrachteten den Stoßzahn als Instrument zur Echo-Ortung, als Waffe in hierachischen Kämpfen un als sekundäres Geschlechtsmerkmal.
Die führende Theorie ist seit langem, dass der Narwal-Stoßzahn als sekundäres Geschlechtsmerkmal von Männern dient und für die gewaltfreie Beurteilung des hierarchischen Status auf der Grundlage der relativen Stoßzahngröße dient.
Eine detaillierte Analyse des Stoßzahnes zeigte jedoch, dass dieser etwa 10 Millionen Nervenenden enthält. Somit sollte es möglich sein Meerwasserreize (Salinität, Wasserdruck etc.) der äußeren Meeresumgebung mit dem Gehirn zu verbinden. In Folge dieser Untersuchungen wird seitdem angenommen, dass das Aneinanderreiben der Stoßzähne männlicher Narwale eine Methode zur Übermittlung von Informationen über die Eigenschaften des Wassers ist, durch das sie gereist sind, und nicht die früher angenommene Haltung aggressiver Männchen.
Im August 2016 zeigten Drohnenvideos von Narwalen bei der Nahrungssuche an der Oberfläche im Tremblay Sound Nunavut , dass diese Tiere den Stoßzahn dazu verwendeten, kleine Arktische Kabeljau (Arctogadus glacialis) mit gezielten Schlägen zu betäuben, um sie so leichter erbeuten zu können.
Allerdings kann der Stoßzahn keine entscheidende Funktion für das Überleben des Tieres erfüllen, da Weibchen – die im Allgemeinen keine Stoßzähne haben – typischerweise länger leben als Männchen.
Der Stoßzahn dient damit wahrscheinlich auch einem sexuellen Merkmal, ähnlich dem Geweih eines Hirsches.
Quellen
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